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Radiokolleg
Chronologie der Flucht nach Österreich (2)
Von Sarajevo nach Simmering
17. September 2025, 09:05
Im Zuge des Zusammenbruchs des Eisernen Vorhangs erreichen zehntausende Menschen österreichisches Staatsgebiet. Die Ereignisse führen zu einer zunehmenden politischen und öffentlichen Diskussion über die Aufnahmefähigkeit des Landes, seine Rolle in der internationalen Flüchtlingshilfe und die Tragweite des Asylrechts. Zwischen 1991 und 1995 rücken die durch den Zerfall Jugoslawiens ausgelösten gewaltsamen Konflikte in den Vordergrund. Der bis 1995 dauernde Bosnienkrieg zählt zu den blutigsten Auseinandersetzungen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Schätzungen zufolge sind mehr als zwei Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Österreich wird in dieser Zeit erneut zu einem zentralen Aufnahmeland. Die humanitäre Reaktion der Bevölkerung ist zunächst von großer Solidarität geprägt. Gleichzeitig mehren sich in der Gesellschaft kritische Stimmen gegenüber einer langfristigen Aufnahme geflüchteter Menschen. Der steigende Druck auf das Asylsystem oder auch die Angst vor der Konkurrenz am Arbeitsmarkt polarisieren und führen zu einer wachsenden Integrationsskepsis. Besonders Menschen muslimischen Glaubens sehen sich mit Vorurteilen und gesellschaftlicher Ausgrenzung konfrontiert - ein Bruch mit der im kollektiven Gedächtnis positiver erinnerten Aufnahme osteuropäischer Flüchtlinge in den Jahrzehnten zuvor. Die 1990er-Jahre markieren damit eine Phase tiefgreifender Umbrüche in der österreichischen Flüchtlings- und Migrationspolitik - geprägt von der Spannung zwischen der humanitären Verantwortung und den innenpolitischen Herausforderungen.
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- Barbara Volfing