Autos, VW-Gelände

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Punkt eins

Europas Autoindustrie: ein lebendes Fossil?

Die Autobranche und der globale Wettbewerb um die Mobilitätswende. Gäste: Dr. Peter Mock, Europe Managing Director, International Council on Clean Transportation (ICCT) Berlin & Dr. Melanie Pichler, Universitätsprofessorin für Soziale Ökologie, BOKU. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Heute vor zehn Jahren beschuldigte die US-Umweltbehörde in einer Sachverhaltsdarstellung den Autokonzern VW, mit einer Software Emissionsprüfungen für bestimmte Luftschadstoffe umgangen zu haben. Dem berühmt gewordenen "Abgasskandal" war eine Studie des internationalen Umweltforschungsverbunds ICCT vorangegangen. Nicht zuletzt als Folge davon schien bei den Autoherstellern ein Umdenken einzusetzen. Nachhaltigere Antriebsformen wurden forciert, um Vertrauen zurückzugewinnen und Emissionen diesmal wirklich zu reduzieren. Zehn Jahre später sieht Peter Mock, Geschäftsführer des Berliner Standorts von ICCT, deutliche Fortschritte bei der Elektrifizierung auf dem europäischen Automarkt. Die EU ist mittlerweile Nettoexporteur vollelektrischer Fahrzeuge und der weltweit zweitgrößte Produzent von Elektroautos.

Doch der Verbrennungsmotor bäumt sich noch einmal auf. Das 2023 beschlossene Verbot von Neuzulassungen für Verbrenner ab 2035 wollen viele Autohersteller aufgeweicht sehen. Deutschlands Bundeskanzler Merz will sich um eine "Entschärfung" bemühen, und der Chef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, sagte am Sonntag: "Ich verspreche den Europäern das Aus vom Verbrenner-Aus". Zu Klimaneutralität bekenne man sich trotzdem. Ähnliche Töne kommen auch aus Österreich. Bundeskanzler Christian Stocker hatte im Wahlkampf getwittert: "Das Verbrenner-Aus vernichtet Arbeitsplätze und ist das Gegenteil von Fortschritt". Wirtschaftsminister Hattmansdorfer bezeichnete gestern die EU-Klimapolitik als "klaren Wettbewerbsnachteil für die europäischen Autobauer".

Verzögerungen bei der Elektrifizierung des Verkehrssektors könnten die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gefährden, heißt es dagegen in einer aktuellen Studie des ICCT. Jedes Zögern untergrabe das Vertrauen von Investoren und Verbrauchern, während andere Märkte, vor allem China, weiter an Bedeutung gewinnen. "Die Hersteller", wurde Peter Mock zitiert, "sollten sich weniger um die nächsten EU-Ziele und eher um ihre globale Wettbewerbsfähigkeit sorgen".

Ein Potenzial für "grünes Wachstum" in der Wirtschaft sieht Melanie Pichler, Professorin am Institut für Soziale Ökologie der BOKU University in Wien, im Umstieg auf Elektromobilität. Die Politikwissenschafterin beobachtet in ihrer Forschung Ressourcen- und Klimapolitik und beschäftigt sich unter anderem mit der sozial-ökologischen Transformation und den Konflikten darum.

Wie kann eine zukunftsfähige Industriepolitik aussehen, die Mobilitätsbedürfnisse, soziale Sicherheit und Nachhaltigkeit gleichermaßen berücksichtigt? Peter Mock und Melanie Pichler sind Gäste bei Xaver Forthuber. Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

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