
SUHRKAMP VERLAG
Radiogeschichten Spezial
Alexander Kluge: "Sand und Zeit", Bilderatlas
Es liest Michael Dangl
19. September 2025, 11:05
Gefühle sind gestaltlos, und nur eine Chronik der Gefühle, ein Beschreiben des Gestaltlosen also, dessen in-Form-bringen erzeugt Sinn. Und diese Fähigkeit, Sinn herzustellen, uns zu orientieren, wie Alexander Kluge sagt, unterscheidet uns vom Tier.
Es sei möglich, sagt Kluge, so etwas wie ein lebender Weltempfänger zu sein, der allem, was der Fall ist, eine bestimmte Frequenz zuordnet. Er sei, sagt er, ein Messgerät, ein Echolot, das durch die Welt läuft und versucht alles aufzuschreiben und nachzumessen. Wir leben nicht in einer Gegenwart, sagt er, wir leben gleichzeitig in einer Vergangenheit, einer Zukunft und in der Möglichkeitsform, in einem Konjunktiv.
Alles Aufschreiben und Nachmessen ist letztlich auf die Zukunft und auf das noch Mögliche gerichtet. Alexander Kluge ist nicht Historiker, arbeitet nicht über Schuld und Verantwortung, erklärt nicht die Gegenwart als Produkt einer unverdauten Vergangenheit. Er nennt sein Verfahren poetisch. Er sei Erzähler, Zusammenfüger, Sammler. Das Poetische heiße sammeln, mit dem entschiedenen Willen, Scheidungen rückgängig und Friedensschlüsse auch im unwahrscheinlichen Fall möglich zu machen.
In seinem neuen Buch "Sand und Zeit" bleibt er seiner Poetik treu und gräbt im Sand der Geschichtet. Und, wie immer, stellt er Bezüge her zwischen Dingen und Ereignissen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.
Service
Aus: Alexander Kluge - "Sand und Zeit", Bilderatlas, Suhrkamp Verlag
Sendereihe
Gestaltung
- Peter Zimmermann