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Punkt eins
Tschechien hat gewählt
Perspektiven und Wendepunkte nach der Parlamentswahl. Gast: Dr. Marco Arndt, Leiter des Auslandsbüros Tschechien und Slowakei, Konrad-Adenauer-Stiftung. Moderation: Marina Wetzlmaier. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
6. Oktober 2025, 13:00
Wie geht es in Tschechien weiter und was bedeutet das für die EU? Nähert sich Tschechien Russland an? Kehren die Populisten an die Macht zurück? Wird Tschechien der "neue Problemfall für Europa", wie es in einigen Schlagzeilen heißt? Und was steht auf dem Spiel?
Nach dem Wahlwochenende in Tschechien könne es lange dauern, bis es zu einer Regierungsbildung kommt, sagten Beobachter:innen bereits vor der Parlamentswahl vom 3. und 4. Oktober. In den Umfragen kam die rechtspopulistische Bewegung ANO von Andrej Babis auf 30 Prozent. Hingegen lag das regierende liberalkonservative Bündnis SPOLU mit Premierminister Petr Fiala an der Spitze abgeschlagen bei 20 Prozent. Die Inflation, hohe Energie-, Lebensmittel- und Mietpreise, sowie ein Budgetdefizit machten die Regierung bei vielen tschechischen Bürger:innen unbeliebt.
Als Antwort darauf versprach Andrej Babis seinen Wähler:innen: "Ja, es wird besser". ANO, das für "Aktion unzufriedener Bürger" steht, heißt auf Tschechisch wörtlich "ja". Babis gibt sich volksnah in Pullover oder T-Shirt, ungeachtet dessen, dass ein Verfahren wegen möglichen Missbrauchs von EU-Fördermitteln gegen den Großunternehmer und Milliardär nach wie vor anhängig ist.
Die Wahl des Koalitionspartners wird Einfluss auf entscheidende Fragen in der tschechischen Politik haben: Wie positioniert sich das Land außenpolitisch? Wird die bisherige Unterstützung für die Ukraine fortgeführt oder nähert man sich Russland an? Wie wird sich Tschechiens Verhältnis zur Europäischen Union gestalten? Im Europäischen Parlament gehört ANO der drittstärksten Fraktion "Patrioten für Europa" an. Dessen Gründung hatten Herbert Kickl, Viktor Orban und Andrej Babis im Juni 2024 während einer Pressekonferenz in Wien verkündet.
In Tschechien bekundeten drei Parteien ihr Interesse als mögliche Koalitionspartner oder Unterstützer einer von ANO geführten Regierung. Die rechtsextreme SPD auf der einen Seite des politischen Spektrums und die linksradikale "Stacilo! - Es reicht!" auf der anderen Seite, die sich beide gegen EU und NATO positionieren und sich russlandfreundlich zeigen. Ebenso die EU-skeptischen rechtspopulistischen "Motoristen für sich".
"Eine Koalition mit Extremisten wäre wegen ihrer außenpolitischen Implikationen die schlechteste aller Möglichkeiten", scheiben Marco Arndt und Martina Berankova in einem Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Welche anderen Möglichkeiten und Perspektiven gibt es für Tschechien und Europa? Welche Rolle wird Präsident Petr Pavel für die Regierungsbildung spielen? Er hatte im Vorfeld gemahnt, dass es eine Regierung brauche, die Tschechiens "Souveränität in der Gemeinschaft demokratischer Staaten" schütze. Was ist der Bevölkerung wichtig? Wie kann ihr Vertrauen in demokratische Institutionen gestärkt werden?
Darüber spricht Marina Wetzlmaier mit Marco Arndt, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Prag, und mit Ihnen. Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 (kostenfrei innerhalb von Österreich) oder schreiben Sie uns per E-Mail an punkteins(at)orf.at