Gedanken
Barbara Nothegger - Einsamkeit, Gemeinsamkeit
Die Autorin und Journalistin Barbara Nothegger über das Bedürfnis nach Gemeinschaft in Zeiten zunehmender Isolation.
19. Oktober 2025, 09:05
Unter Einsamkeit wird die individuell oft sehr unterschiedlich empfundene Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlich vorhandenen sozialen Beziehungen verstanden. Wer allein ist, muss also deshalb noch lang nicht einsam sein. Und wer ständig von vielen Menschen umgeben ist, ist nicht vor dem Gefühl der Einsamkeit gefeit. Gerade in Ballungsgebieten ist das Gefühl mangelnder Zugehörigkeit besonders verbreitet. Die WHO bezeichnet Einsamkeit bereits als "Pandemie des 21. Jahrhunderts".
Denn in unserem digitalen Zeitalter mit ihrem Streben nach Individualität ist die Einsamkeit schon längst nicht mehr nur ein individuelles sondern ein komplexes gesellschaftliches Problem. Obwohl die Menschen heute vernetzter und mobiler sind als je zuvor, fühlen sich immer mehr isoliert und abgeschnitten. Ein Gefühl, das Stress verursachen kann - mit all ihren dokumentierten gesundheitlichen Folgen von Schlafstörungen und Depressionen über Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Krebs und Demenz. Ein Netzwerk guter sozialer Beziehungen ist indes die beste Voraussetzung für ein gesundes und glückliches Leben.
Das Bedürfnis nach einem gutnachbarschaftlichen Gefüge wie einst in ihrem Heimatdorf war für die Journalistin und Autorin Barbara Nothegger und ihre Familie vor rund 15 Jahren einer der wichtigsten Gründe, sich mit ihrer Familie in Wien einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt anzuschließen. Mit ihrem fakten- und facettenreichen Erfahrungsbericht "Sieben Stock Dorf" gelang ihr u.a. eine humorvolle Anleitung, wie eine moderne Gemeinschaft gelingen kann, die das Bedürfnis nach nachbarschaftlicher Nähe ebenso berücksichtigt, wie jenes nach der gelegentlich notwendigen zwischenmenschlichen Distanz.
In ihrem nächsten Buch, das im Frühjahr 2026 erscheint, widmet sich Barbara Nothegger fokussiert dem Faktor Einsamkeit: ein Gefühl, das sich als motivierender Ansporn aber auch als lähmende Fessel erweisen kann. Gerade in der Anonymität der Großstadt bedarf es bisweilen großer Überwindung, die Scheu davor abzulegen, neue Sozialkontakte - zu anfänglich naturgemäß fremden Menschen - zu knüpfen. Doch der Lohn dieser Mühe kann sich als Netzwerk echter Verbundenheiten und als glückliche Gemeinschaft erweisen.
Service
Barbara Notheggers Buch Sieben Stock Dorf - Wohnexperimente für eine bessere Zukunft ist im April 2025 in einer überarbeiten Neuauflage im Residenz-Verlag erschienen.