Eine Art Verlust

22. Oktober 2025, 06:57

Nicht dich habe ich verloren, sondern die Welt, schrieb Ingeborg Bachmann. Nach dem Ende ihrer Beziehung mit Max Frisch führt sie eine Inventur durch. Übrig geblieben waren unter anderem: die Schlüssel, die Teeschalen, die Leintücher, der Brotkorb und ein Bett.

Beim Anblick der Hinterlassenschaften aus dem gemeinsamen Leben lässt sich eine Frage - eine von der abscheulichsten Sorte - nicht mehr beiseiteschieben: Waren es in Wahrheit die Gegenstände gewesen, die mit ihnen verbundene Illusion, die diese Liebe zum Leben erweckt hatte? Der Brotkorb als Hüter des gemeinsam Geteilten, das Einmaleins des Morgens, wie Bachmann es nannte; die Schlüssel, die sagen: "Du wirst mich nicht stören, du darfst immer kommen". Man war so fromm gewesen, sagt Bachmann, furchtlos in der Religion, und dieses Bett war eine Kirche.

Wenn sich zwei lassen müssen (loslassen und weglassen), steht immer die Frage nach der Wahrheit der gemeinsam verbrachten Zeit im Raum - und nicht selten regt sich der Verdacht, dass es nicht Liebe war, die am Werk gewesen ist. War es am Ende die Sehnsucht nach einem anderen Dasein gewesen, die sich in den Gegenständen manifestiert hatte? Die Frau sein, die doch zu einem Mann passt - der Mann sein, der die Junggesellin, wie Frisch Bachmann nannte, halten kann? Beide glaubten am Ende ihrer Liebe nicht, dass sie vom anderen wirklich geliebt worden waren.

Bachmann nannte ihr Gedicht "Eine Art Verlust" - vielleicht weil man nicht verlieren kann, was man nie besessen hat. Und die Teeschalen, die sie in Italien erstanden hatte, die wollte sie nicht zurück.

Service

Miriam Metze, "Unerwidert lieben - eine philosophische Tröstung", Verlag Mairisch 2026

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• Alexandra Mantler