Liebe ist abenteuerlich

25. Oktober 2025, 06:57

Meistens denkt man von der unerwiderten Liebe, dass sie Symptom eines Versagens sei. Sie ist "ohnmächtig", schrieb der frühe Karl Marx. Hätte er doch nur geahnt, wie recht er damit hatte. In der Liebe, sagt Georg Simmel, begegne uns die "Gleichzeitigkeit von Eroberertum" und "völligem Sich-Überlassen an die Gewalten und Chancen der Welt, die uns beglücken", schreibt er, darum sei die Liebe der Inbegriff dessen ist, was es heißt, abenteuerlich zu sein.

Im Lieben wie auch im Abenteuer geht es um ein Sich-Einlassen auf das, was kommt, von dem man nicht weiß - nicht wissen kann - wie es sein wird und ob es gelingt. Als Annie Londonderry ihre Weltreise auf dem Fahrrad antrat, wusste sie nicht, was sie erwarten würde … genauso wenig wie die Göttin Psyche, die sich mit menschenfressenden Schafen herumschlagen musste, um ihren Amor zurückzugewinnen.

Dass es den beiden dann aber doch gelang, heißt nicht, dass sie stark und mächtig waren. Tatsächlich haben alle Abenteurerinnen, Heldinnen und Helden einen schwachen Punkt. Bei Psyche ist es die Neugier, bei Siegfried der Rücken, Achilles leidet an Fersenproblemen und Superman beim Kontakt mit Kryptonit.

Dieses Schwachsein ist es, das das besondere Glück ausmacht, das im Abenteuer wie in der Liebe zu Hause ist. Abenteurerinnen wie Liebende müssen also wirklich ohnmächtig sein … und noch dazu ziemlich blöd: blöd im Sinne von bloß, nackt, weich, schwach. Und lieben zu wollen, ohne blöd zu sein, das wäre tatsächlich ganz schön blöd.

Service

Miriam Metze, "Unerwidert lieben - eine philosophische Tröstung", Verlag Mairisch 2026

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler