Verschiedene Lichter

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Punkt eins

Erhebung zur Ehre der Altäre

Das Heilige in Vergangenheit und Gegenwart. Gäste: Univ.-Prof. Dr. Regina Polak, Professorin für Praktische Theologie an der Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien & Dr. Johannes Rauchenberger, Kunsthistoriker, Theologe, Leiter von KULTUM - Kulturzentrum für zeitgenössische Kunst und Religion bei den Minoriten Graz. Moderation: Andreas Obrecht. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Das christliche Hochfest Allerheiligen steht bevor und seit zwei Wochen kennt die katholische Kirche sieben Heilige mehr. Wie wird ein Mensch heilig und was ist uns heilig? Gibt es eine Sehnsucht nach außerordentlichen, verehrungswürdigen Menschen, Wundertäterinnen und Volksheiligen?

Am Sonntag, 19. Oktober hat Papst Leo XIV. sieben Frauen und Männer heiliggesprochen - in der Sprache der Katholischen Kirche "zu der Ehre der Altäre erhoben": Einen Armen-Arzt und einen asketischen Philanthropen aus Venezuela, zwei Ordensschwestern, die sich insbesondere um indigene Gemeinschaften im Amazonas und um mittelose Witwen und kranke Frauen gekümmert haben, einen bekehrten ehemaligen Satanisten, der sich sozial engagiert und zur Wiederbelebung des Rosenkranzgebetes beigetragen hat, einen armenischen Bischof, der beim Genozid 1915 ermordet wurde und einen frommen Laien aus dem heutigen Papua Neuguinea, der sich durch die japanische Invasion während des Zweiten Weltkrieges nicht beirren ließ, die katholische Lehre verkündete, den Wortgottesdienst feierte und deshalb von den Besatzern 1945 hingerichtet wurde.

Die Heiligsprechung ist die feierliche Erklärung des Papstes über ein vorbildliches christliches Leben und die Aufnahme bei Gott. Ihr geht die Seligsprechung voraus - auch Wunder aufgrund von Fürsprache müssen nachgewiesen werden, sofern es sich nicht um Märtyrer handelt. Rund 7.000 Heilige und Selige kennt die katholische Kirche. Papst Leo XIV. setzt also eine Tradition fort, die schon vor mehr als eintausend Jahren begonnen hat und unter Papst Johannes Paul II. zu einer neuen Blüte gelangte und auch von Papst Franziskus - insbesondere mit Blick auf die Weltkirche und den globalen Süden - gepflogen wurde.

Verehrungswürdige Menschen, Heilige, die ein besonders frommes Leben führen und eine besondere Beziehung zu Gott und Göttern haben, gibt es in fast allen Religionen. Gott und Götter werden angebetet, Heilige sollen verehrt und zuweilen auch um Wunder gebeten werden - wobei der Unterschied zwischen Verehrung und Anbetung oft fließend ist. Den Volksheiligen werden oft weitreichende Kompetenzen zugeschrieben. So entstehen Heiligenkulte und -orte, wobei Pilgerstätten und Wallfahrten auch in der katholischen Tradition eine wichtige Rolle spielen.

Die Verehrung fand und findet ihren sinnfälligen Ausdruck auch in den Heiligenbildern und -gemälden, in den geschnitzten Heiligenfiguren, ganze Epochen bildender Kunst sind durch Heiligendarstellungen inspiriert worden. In den Ostkirchen ist die Ikonen-Malerei schon früh zu einem künstlerischen Höhepunkt gelangt und wird auch noch heute mit Hingabe gepflegt. Eine, heute auch zuweilen grotesk anmutende Verehrung fanden die Reliquien der Heiligen seit dem Mittelalter. Sterbliche Überreste von Heiligen, aber auch Gegenstände, die sie berührt hatten oder die mit ihnen in Verbindung standen, wurden in, unter, neben oder über den Altären in den Kirchen positioniert um die "Gemeinschaft der Heiligen" - als die sich die katholische Kirche versteht - zu verdeutlichen.

Heilige sind auch Mittler zwischen Diesseits und Jenseits, sie schaffen Verbindung zwischen der Welt der Lebenden und jener der Toten. So wundert es auch nicht, dass sich christliche Heilige in afro-karibischen Ahnenkulten wiederfinden. Im 20. Jahrhundert haben Philosophie und Religionssoziologie der Sphäre des Heiligen die Sphäre des Profanen gegenübergestellt. In dieser Interpretation verkörpert das Heilige das Außeralltägliche, das Verehrungswürdige, das Außergewöhnliche, das über die Alltagsexistenz der Menschen Hinausweisende - das in der einen oder anderen Form in allen Gesellschaften und Kulturen zu finden ist.

Über die Heiligen und das Heilige sprechen die Hörerinnen und Hörer von Punkt eins und Moderator Andreas Obrecht mit der Theologin Regina Polak und dem Kunsthistoriker Johannes Rauchenberger.

Was ist Ihnen heilig? Hat die Verehrung von Stars in der Popkultur etwas mit der Sehnsucht nach Heiligem zu tun? Sind Heiligsprechungen, wie sie in der katholischen Kirche gepflogen werden, noch zeitgemäß? Worin besteht der Unterscheid zwischen "heilig" und "scheinheilig"? Wie immer freut sich die Redaktion über Ihre Teilnahme an dem Gespräch unter 0800 22 69 79 während der Sendung oder unter punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Andreas Obrecht