Du holde Kunst
Ein Dokument kreativen Widerstands
"Das Unterwasser-Cabaret". Von Curt Bloch. Es liest Markus Meyer.
9. November 2025, 08:15
Gedichte aus den Heften des deutschen Juden Curt Bloch, der von August 1943 bis April 1945 in seinen niederländischen Verstecken in Enschede und Borne das Zeitgeschehen in Gedichten, Zeitungskollagen und Zeichnungen kommentierte. Ein Dokument kreativen Widerstands in drei Sprachen.
Curt Bloch, 1908 als Sohn eines Bildhauers, Modelleurs und Besitzer eines Feinkostladens in Dortmund geboren, studierte Jura in Bonn, Freiburg, Berlin und Erlangen, es folgten Referendariate, eine Zukunft als Rechtsanwalt wurde aber durch das 1933 erlassene Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums unmöglich. Politisch links und persönlich bedroht, floh Bloch in die Niederlande. Er arbeitete für eine deutschsprachige Exilzeitung in Amsterdam und bei einem Teppichhändler in Den Haag. 1942, die Niederlande waren seit zwei Jahren von den Deutschen besetzt, tauchte er in Enschede unter. Er wurde von einer Widerstandsgruppe um den Enscheder Pastor Leendert Overduin unterstützt und versteckte sich gemeinsam mit dem befreundeten Paar Karola Wolf und Bruno Löwenberg auf dem Dachboden von Albertus und Aleida Menneken. Dort schrieb er Gedichte und präsentierte sie seinen Mitbewohnern in seinem Sonntagnachmittag-Cabaret. Der Titel "Het Onderwater-Cabaret" taucht zum ersten Mal in einem Heft auf, das Bloch für Karola Wolf, in die er sich verliebt hatte, anlässlich ihres 23. Geburtstags schrieb. Diese war zu diesem Zeitpunkt schon aus Enschede geflohen und erhielt es aus vielen weiterreichenden Händen. Eine Woche später "erschien" die erste Ausgabe des Unterwasser-Cabarets, 94 sollten folgen, die er Woche für Woche verfasste, und die Karola Wolf unter größter Gefahr aufbewahrte. Sie enthielten 483 Gedichte, die sich mit der NS-Propaganda, dem Kriegsverlauf, den Verbrechen der deutschen Besatzer und dem Leiden der Niederländer auseinandersetzten, kombiniert mit Zeitungsausschnitten, Fotomontagen und Collagen, die Bloch aus Zeitschriften zusammenstellte. 1944 musste Bloch sein Versteck wechseln und blieb bis zur Befreiung durch die Briten Anfang April 1945 bei Jeronimo und Johanna Hulshoff in Borne. Er starb 1975 in New York.
Die Hefte, übersetzt von Gerd Busse, Christian Golusda, Thilo von Debschitz und René Strien, waren Grundlage einer vielbeachteten Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin 2024 und sind kürzlich als Buch in "Die Andere Bibliothek" im Aufbau Verlag erschienen.
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Curt Bloch, Das Unterwasser-Cabaret 1943-1945. Übersetzt von Gerd Busse, Christian Golusda, Thilo von Debschitz und René Strien. Hrsg. v. Aubrey Pomerance im Auftrag der Stiftung Jüdisches Museum Berlin. Die Andere Bibliothek/Aufbau Verlag, Berlin, 2025