Franzobel

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Gedanken für den Tag

Franzobel über Jean Pauls Erotische Akademie

Franzobel, Schriftsteller, zum 200. Todestag von Jean Paul

Der frühe Tod des Vaters stürzte die Familie in Armut. Zwei Freunde starben, ein Bruder. Friedrich Richter brach sein Theologiestudium ab, kam als Hauslehrer gerade so über die Runden und wurde vom Misserfolg seiner ersten Bücher enttäuscht. Dann gelang ihm mit "Hesperus oder 45 Hundsposttage" ein sensationeller Erfolg. Die Rede ist von Jean Paul, dem einstigen Lieblingsdichter der Deutschen.

Er wurde nach Weimar, dem damaligen kulturellen Hotspot eingeladen, lernte Goethe, Schiller, Herder und die ganze Klassik-Schickeria kennen, blieb aber Außenseiter. Wiewohl er einen Hang zum Sentimentalen hatte, war ihm das Hehre der Klassik nur gebrochen erträglich.

Sieht man Porträts von ihm, kann man schwerlich glauben, dass dieser wohlbeleibte Mann mit der hohen Stirn - ein aus dem Leim gegangener Baudelaire - ein Frauenliebling war, der sich der Verehrerinnen kaum erwehren konnte. Eine Weile lang betrieb er eine Erotische Akademie, was haremartiges Treiben vermuten lässt, tatsächlich aber ein züchtiger Salon für Gespräche über das Seelenleben gewesen ist.

Jean Paul hatte Probleme, sich festzulegen. Seine Texte sind voller Einschübe, aber darin wird nie etwas erklärt, sondern das Verwirrspiel nur auf die Spitze getrieben. Bereits die Titel seiner Werke zeigen eine lustvolle Verstiegenheit: "Leben des Quintus Fixlein, aus fünfzehn Zettelkästen gezogen." "Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz mit fortgehenden Noten; nebst der Beichte des Teufels bey einem Staatsmanne." Oder: "Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz in Auenthal." Jean Paul war der erste Verzettelungskünstler. Obwohl wir im Zeitalter der Prokrastination leben, wird die Verzettelung wenig geschätzt. Dabei kommt aus der Verzettelung quasi alles. Manche sagen dazu auch Abrahams Wurstkessel oder Chaos. Jean Paul hat sich dem gestellt. Seine Versuche einer Ordnung scheitern, aber so lustvoll, dass plötzlich unsere eigene Vergeblichkeit heiter und leicht erscheint.

Service

Franzobel, "Hoppelpoppel oder Jean Pauls Zauberland. Eine Schauspielrevue", Edition Melos

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Robert Schumann
Album: Movements - George Li
* Nr. 14: Zart und singend
Titel: Davidsbündlertänze. 18 Charakterstücke für Klavier, op. 6
Solist/Solistin: George Li
Länge: 01:53 min
Label: Warner Classics 5054197893148 EAN: 5054197893148

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