Kein Weg zurück

18. November 2025, 06:57

"Kannst Du mir meine ermordete Mutter wiedergeben? Meine verlorene Jugend zurückbringen?" Diese Worte meines Vaters hallen seit 30 Jahren in mir nach. 1995, als ich Generalsekretärin des neu geschaffenen Nationalfonds geworden bin, da habe ich ihn, der selbst Überlebender war, gefragt, was er sich von diesem neuen Fonds erwarten würde.

Mein Vater Erich Lessing war 1939 - als Jugendlicher von nur 16 Jahren - allein ins damalige Palästina geflüchtet. Er hat den Holocaust überlebt. Als er nach dem Krieg zurückgekommen ist, da war nichts mehr wie zuvor, die Welt seiner Kindheit und Jugend war untergegangen: Seine Mutter, meine Großmutter Margit Lessing, hatte nicht fliehen können. Sie ist mit 49 Jahren in Auschwitz vergast worden.

Mein Vater hat mir auf meine Frage keine Antwort im eigentlichen Sinn gegeben. Er hat nur diese Fragen gehabt: "Kannst Du mir meine ermordete Mutter wiedergeben? Meine verlorene Jugend zurückbringen?" So wie meinem Vater ist für viele tausende Überlebende die Welt zerbrochen.

"Wiedergutmachung" - Wenn es um die NS-Vergangenheit geht, dann ist das für mich ein Un-Wort. Ein unmögliches Wort. Eine Illusion. Eine Täuschung. Ein Zynismus. Es gibt Dinge im Leben, die können wir nicht wieder gut machen, auch wenn wir es noch so gerne wollen. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, Geschehenes nicht ungeschehen machen. Manche Taten verändern den Lauf der Welt - unabänderlich.

"Es führt kein Weg zurück", so oder so ähnlich heißt es in einem Lied von Shmerke Kaczerginski, geschrieben im Ghetto von Vilnius. Und doch gibt es etwas, das wir tun können: Die Augen nicht verschließen. Die Menschen, denen Unrecht zugefügt wurde, sehen, sie wirklich sehen. Das Unrecht anerkennen. Versuchen, den Schmerz zu lindern und es besser zu machen.

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