Im Gespräch
Yoko Tawada, japanisch-deutsche Schriftstellerin und Sprachkünstlerin
"Meine Identität ist in der Vielstimmigkeit"
Judith Brandner im Gespräch mit der japanisch-deutschen Schriftstellerin und Sprachkünstlerin Yoko Tawada
19. Dezember 2025, 16:05
Sie ist eine ungewöhnliche Autorin, die sich in (mindestens) zwei Sprachen bewegt und leichtfüßig dazwischen hin und her wechselt: die japanisch-deutsche Schriftstellerin Yoko Tawada. Ihre Texte - Romane, Gedichte, Essays, Hörspiele, Theaterstücke - sind voller Humor und Sprachwitz, stets aber mit Tiefgang. Auf den ersten Blick wirken ihre Texte harmlos, doch sie widmen sich komplexen und existenziellen Themen wie Umweltkatastrophen, Machtstrukturen, Geschlechterfragen. "In Wort- und Gedankenspielen überschreitet Tawada nicht nur Grenzen, sie löst sie auf. Ihre Texte zeigen, wie fluide und hybrid Sprache, Mensch und Welt sind", so die Jury des Nelly-Sachs-Preises der Stadt Dortmund, mit dem Yoko Tawada 2025 ausgezeichnet wurde.
Geboren 1960 in Tokio, reiste Yoko Tawada 1979 mit der transsibirischen Eisenbahn nach Europa. Ein ungewöhnlicher Schritt für eine junge Frau zur damaligen Zeit. Aus dieser Erfahrung entstand ihre Erzählung "Erzähler ohne Seelen". Tawada blieb in Europa, studierte ab 1982 in Hamburg Neue Deutsche Literaturwissenschaft. Ihre erste Buchveröffentlichung in Deutschland erfolgte 1987, in Japan 1992.
Fantasie, Traum und Wirklichkeit mischen sich auch in ihrem jüngsten, 2025 publizierten Roman "Eine Affäre ohne Menschen". Tawada entwirft darin eine unheimliche Liebesgeschichte, die in der Gegenwart samt ihren Bedrohungen spielt. Sie erzählt aus der Perspektive von Gegenständen und Erscheinungen der Natur, wie Duschkopf, Kaffeemaschine, Spiegelei, Baumschatten: "Yoko Tawada beschreibt die Welt so, wie sie aussähe, könnte man gleichzeitig träumen und hellwach sein", bringt es eine Kritikerin der taz auf den Punkt.
