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Mit Mörder zu Weihnachten Würstel gegessen

Margit, 1964 - 29. März 2025, 14:23

Tochter eines Landwirts in OÖ. Jedes Jahr haben wir zwischen Weihnachten und Neujahr ein altes Ehepaar besucht. Meine Mutter hat mir nach dem Tod meines Vaters erzählt, dass der Mann einen jüdischen Zwangsarbeiter ermordet hatte und er war dann 10 Jahre in Haft. Mein Vater hat dann ein paar Jahre für die Familie gearbeitet. War erschütternd für mich, dass ich in meiner Kindheit jedes Jahr zur Weihnachtszeit mit diesem Mann Würstel gegessen habe, ohne das zu wissen.

Russe rettet Mutter mit Kind

Edda Krobath, Jahrgang 1939 - 29. März 2025, 14:04

Eine Freundin mit Kind wurde von einem Soldaten gerettet, der auf die die Tür geschrieben hat: "Hier liegen Pockenkranke".

Zigarettenschmuggel mit Zille über die Enns

Manfred Bilderl - 29. März 2025, 11:56

Mein Schwiegervater hat amerikanische Zigaretten mit einer Zille über die Enns geschmuggelt und den Russen verkauft

Flucht von der heranrückenden roten Arme nach OÖ

Johanna Aigner - 29. März 2025, 11:09

Frau Johanna Aigner, geboren am 17. September 1929 in Baden, berichtet von ihrer Flucht aus Baden nach Altmünster. (Bezirk Gmunden)
Als gegen Kriegsende 1945 die Lichtungs- und Mündungsfeuer aus Wiener Neustadt von der heranrückenden roten Arme am Horizont zu erkennen sind, beschließen Johanna und ihre Mutter den beschwerlichen Weg nach Oberösterreich anzutreten, damit sie vor den Russen geschützt sind.
In Altmünster erwarten sie amerikanische Einheiten, die einen besseren Ruf in der Umgangsweise mit Gefangenen, als die rote Arme, genießen.

Kindheit auf einem Bergbauernhof in Öblarn

Gertrud Vidovic geb. Erhardt - 28. März 2025, 18:52

Der Beitrag befasst sich mit der Kindheit auf einem Bergbauernhof, der von Frauen - Großmutter bzw. Tante - geführt wurde und dem Schulbesuch während und nach der Kriegszeit. Angesprochen wird auch die (gute) Versorgung mit Nahrungsmitteln.

Kindheit auf einem Bergbauernhof in Öblarn
Gertrud Vidovic geb. Erhardt

Ich wurde 1934 geboren und habe meine Kindheit und die Kriegszeit auf einem Bergbauernhof in Öblarn (Stmk) verbracht, den meine Großmutter und nach ihrem Tod meine Tante allein – mein Onkel war im Krieg - bewirtschaftet hat. Zur Unterstützung meiner Tante, wurde dem Hof eine Zwangsarbeiterin aus der Ukraine zugeteilt, die mir einige Worte in Ukrainisch beigebracht hat. Nach dem Krieg ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt.

Noch kurz vor Kriegsende wurde der Bahnhof von Öblarn zwei Mal von amerikanischen Fliegern angegriffen; Erzählungen zufolge wurde Hitler in Schloss Gstatt vermutet.

Mein Schulweg war im Krieg gefährlich. Wir mussten nach Beendigung des Unterrichtes entweder durch das Friedhofstor über die Wiesen Richtung Wald laufen oder falls es Tieffliegerangriffe gab, diese im Luftschutzkeller des Amtshauses abwarten und anschließend so rasch wie möglich den Heimweg auf den Berg antreten. Noch heute, ich bin mittlerweile über 90 Jahre alt, kommen immer, wenn ich das Amtshaus sehe, die schlimmen Erinnerungen an diese Zeit hoch. Nach Kriegsende wurde der Religionsunterricht wieder eingeführt und man durfte wieder mit ‚Grüß Gott‘ grüßen.

Im Gegensatz zu meinen Schulfreunden, die nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, hatte ich sowohl während des Krieges als auch in der Nachkriegszeit genug zu essen. Ich habe gerne meine dick bestrichenen Butterbrote gegen Brot mit Essiggurkerl und nach Kriegsende gegen Dosenkekse, die von englischen Besatzungssoldaten verteilt wurden, getauscht. Ich erinnere mich noch an Kleider die aus Fallschirmstoffen gefertigt wurden, ein Geschenk ebenfalls von Besatzungssoldaten.

Nach dem Krieg kam einmal ein Mann aus Graz auf unseren Hof, der Honig gegen Stoffe eintauschte.

Studienbuch Universität Wien aus 1944

Melitta Matousek - 28. März 2025, 16:15

Studienbuch der Universität Wien aus 1944

Das Studienbuch meiner Mutter aus 1944; auf Rat ihres Vaters, meines Großvaters, musste sie studieren, wollte lieber Säuglingsschwester werden, was er ihr verbot. Ahnte er etwas....?

Erinnerungen von Melitta

Melitta Matousek, Jahrgang 1955 - 28. März 2025, 16:06

Erinnerungen an Erzählungen meiner Familie aus der Nachkriegszeit in Wien

Ich bin im Jahr des Staatsvertrags als Älteste von drei Geschwistern geboren.

Juden und Nazis: in unserer Familie wurde immer hinter vorgehaltener Hand geflüstert „der war auch Parteimitglied“, meine Mutter war mit einem Mädchen aus dem Reichsarbeitsdienst befreundet. Musiziert wurde mit einer Dame namens Seyss-Inquart – erst sehr viel später merkte ich etwas… Einladungen bei jüdischen Freundinnen waren oft.

Ein Freund meines Großvaters, geboren 1898, „erzählte nie etwas vom KZ“, es blieb geheimnisvoll. Es wurde nie offen über diese Zeit geredet, eher nur Bemerkungen „die Oma war so mutig, sie ist immer in jüdische Geschäfts einkaufen gegangen“, oder „der RAD war eh nicht so arg, wir durften am Sonntag in die Kirche gehen!“ ?

Meine Großmutter, geboren 1899, erhielt das eiserne Mutterkreuz: mein Vater hatte noch vier Geschwister. Als tiefgläubige Katholikin war sie sehr stolz darauf. Mein Vater, geboren 1914, lernte Neugriechisch in der Hoffnung, dann nicht „an die Front“ zu müssen, stimmte auch, er war Funker und Übersetzer. Meine Mutter, geboren 1925, wollte Säuglingsschwester lernen, mein Großvater – ahnte er etwas? – verbot es ihr mit „wer weiß, was du dann machen musst“. Schlussendlich studierte sie Germanistik und dissertierte über einen damals wie heute unbekannten Dichter.

Meine Eltern heirateten 1951 in Wien, gemeinsam mit den beiden Brüdern des Vaters, getraut von ihrem Onkel, dem Bruder der Großmutter! Mutter und Vater erzählten noch später vom Stress dieser Feier mit drei verschiedenen Verwandtschaften. Eine Freundin der Familie nähte aus einem alten Kleid ihr Hochzeitskleid.

Meine Mutter litt sehr darunter, dass sie für die Uni einen Aufstrich aus gekochten Erdäpfeln auf ein hartes Brot als Imbiss mitbekam. Sie erzählte auch, dass meine Großmutter, geboren 1898, sie mit weiter unansehnlicher Kleidung anzog – wohl, um damit etwaigen Vergewaltigungen zu entgehen.

Hier haben wir noch ein Kriegstagebuch meines Vaters und einige Fotoalben, sowie Tagebücher meiner Mutter, die überwiegend in Kurrent geschrieben sind.

Durch den Schatten singen

Ruth Margot - 28. März 2025, 15:28

Mein Vater Antonio Corrias war italienischer Partisan und Sarde. Nach dem 2. Weltkrieg bekam er das Kriegsverdienstkreuz, aber als mein Vater versagte er.

Während dem 2. Weltkrieg nahm mein Vaterland 105 000 Soldaten und Partisanen auf und rettete sie vor dem Tod durch die Faschsten. Zuerst plante die Schweiz ein grosses "Conzentrationslager" in Büren an der Aare. Der Plan wurde aufgegeben und die fremden Internierten wurden auf ca. 600 kleinere Lager, meist in Schulhäusern und Sälen der Gasthöfe von Dörfern verteilt.

Am 12. Oktober 1944 bat der Partisan Antonio Corrias am Grenzposten in Brig um Asyl. Er kam einige Wochen später ins kleine Bauerndorf im Emmental, nach Ursenbach.
Antonio begegnete meiner Mutter, die in der Dorfbäckerei das Brot verkaufte.

Hätte meine Mutter den "Orangenen Befehl" von der Schweizerischen Armeeführung befolgt, wäre ich nicht geboren worden.

Nach kurzer Liebe war der Krieg zu Ende, Antono kehrte nach Italien zurück und ich kam am 25.Dezember 1945 von niemandem gewünscht auf die Welt.

Heute bin ich 80 jährig und fühle die Narben der schlimmen Kindheit nach wie vor. Von meinem Vater habe ich aber die wunderbare sardische Stimme geerbt. Sie hat mir zum Überleben geholfen.

Nach längerem Überlegen habe ich als Roman meine Biografie geschrieben:

Ruth Margot
Durch den Schatten singen
Weber-Verlag Thun

Ich hoffe, dass dieses Buch Menschen mit zwei Heimaten zu einer guten Zukunft hilft.

Webseite
http://www.margotmargot.ch

Social Media Seite
https://www.facebook.com/res.margot

Maria schließt ab

J. Mederer - 28. März 2025, 09:50

Literarischer Text über eine wahre Begebenheit.

Maria schließt ab
Die Fenster von innen, die Fensterläden von außen. Verriegelt, nochmals kontroll-gerüttelt. Einen der Fensterläden drückt sie nur fest zu. Den hat eines der Kinder kaputt gemacht, er kann nicht mehr verriegelt werden. Zum Schluss noch die Tür zum Wohnbereich mit dem Riegel innen. Wie jeden Abend schließt Maria den Hof sorgfältig ab.
1945. Gegen Ende des Krieges. Die Alliierten bombardieren Dresden und Berlin. Und trotzdem: Der Endsieg steht vor der Tür. „Wir siegen“, das haben alle im Ohr und glauben daran, die einen mehr, die anderen weniger. Maria und Josef zählen zu den anderen. Das wissen aber nur sie beide. Weder Nachbarn noch Geschwister kennen die Hoffnungen und Gesinnungen der Menschen, die ihnen am nächsten stehen.
Auf Hören des Fremdsenders steht die Todesstrafe.
Ein paar dünne Strähnen verraten, dass unter Marias Kopftuch ihr Haar schwarz ist. Es knistert. Im Ofen. In der Luft. Das Radio. Die letzten trockenen Äste. Die Frage nach dem Endsieg. Maria hat ihre Pantoffel ausgezogen und steht strumpffüßig im Kittel auf dem Diwan. Sie muss sich trotzdem strecken, um ihr Ohr ans Radiogerät zu legen. Weil das Radio steht weit oben, unter dem Kruzifix, im Herrgottswinkel. Vielleicht hilft's. Dass der Endsieg schon vor der Tür steht, sagen alle Stimmen, außer die im Radio. Maria schiebt das Kopftuch auf der rechten Seite hinters Ohr, es ist nun ganz nah am Gerät. So nah, dass sie die Kälte des Metalls spürt. Mit der rechten Hand greift sie nach dem schwarzen Regler. Langsam dreht sie den Daumen nach links, gleichzeitig den Zeigefinger nach rechts, bis sich der Knopf bewegt. Ihre Hand zittert leicht. Das Knistern aus dem Gerät wird lauter. Stück für Stück, Millimeter um Millimeter. Ein Summen; ein Summen das sich zu Flüstern formt, ein Flüstern, das sich schließlich zu Stimmen formt. Stimmen aus London. Verbotene Stimmen, verbotener Fremdsender. Schallwellen bringen Marias Trommelfell zum Schwingen und werden englische Worte in ihrem Kopf. Wenn sie so ans Radio gelehnt dasteht, sieht sie gut zu den beiden Fenstern hin. Ihre reglosen Augen wandern vom rechten zum linken Fenster. Schließlich fixiert sie das linke Fenster – das mit dem lädierten Fensterladen, dem Fensterladen, der nicht geschlossen werden kann. Plötzlich. Der Laden bewegt sich. Maria erstarrt. Zuerst ihre Augen, dann ihr Körper. Der Laden bewegt sich weiter nach außen. Knarrt. Ein Schatten vorm Fenster.
Tock, tock, tock.
Später wird Maria erzählen, dass sie innert Sekundenbruchteilen abgeschlossen hat.
Mit dem Leben.
Mit ihrem.
Mit dem von Josef.
Mit denen ihrer elf Kinder.
Und wieder: Tock, tock, tock.
Er wollte sich etwas ausborgen. Heute kann sie nicht mehr sagen, was es war. Vielleicht ein Brot oder ein Nähgarn oder ein Werkzeug. Es war ein Nachbar. Und das Wichtigste: er war ihnen gut gesinnt.
*
Acht Tage später sind sich auch die Stimmen außerhalb des Radios einig, dass zu diesem Zeitpunkt der Endsieg nur noch in einem Kopf Realität war. Bis auch hier die Stimme zum Flüstern wurde, das Flüstern zum Summen verkümmerte und schließlich für immer verstummte.

Der Vorname 1945

Edith - 27. März 2025, 22:22

Durch Bombenangriff auf Wiener Amtshaus bekam meine Schwester ihren richtigen Vornamen.

Meine ältere Schwester kam am 14.2.1945 im Spital zur Welt. Sie war sehr schwach und hat schlecht getrunken. Eine Schwester im Spital meinte, das Baby werde nicht überleben. Dank der Mithilfe der ganzen Familie hat es überlebt.
Noch im Spital bat meine Mutter ihre Mutter, das Baby amtlich eintragen zu lassen. Als meine Großmutter zurück kam, traf meine Mutter fast der Schlag:
Statt den von meinen Eltern ausgesuchten Namen „Renate“ stand auf dem Geburtsschein „Rosina“. Keine Ahnung warum meine Großmutter diesen Namen gesagt hatte. Vielleicht gefiel er ihr besser, oder sie hat in der allgemeinen Aufregung – es gab öfter Bombenalarm – den Fehler begangen.
Zum Glück für den Familienfrieden fielen wenig später Bomben auf das Amtshaus Hietzing und alle Dokumente gingen verloren. So kam meine Schwester doch noch zu ihrem ausgewählten Vornamen.