Heimkehrer, Besatzungsmächte
Abzug der Russen und Traumatisierte Männer
Von: Eva Steininger | 9. Mai 2025, 15:22
In meiner Schulzeit gab es zwei Klassenzüge. Ein Zug war von 8 bis 12 Uhr und ich war im zweiten Klassenzug von 1 bis 4 Uhr Nachmittag. Es waren über 50 Kinder in der Schule in der Klasse. Es wurde ausgesprochen autoritär unterrichtet. Ich hab vom Unterricht ganz wenig mitbekommen, bin ganz hinten gesessen in den letzten Reihen. I
Und dann 55 sind die Russen abgezogen. Das war wie ein Volksfest in Zwettl. Die Blasmusik ist gefahren, die Russen sind abgezogen, teilweise wurde gewunken und sind Freundschaften entstanden zu den Einheimischen. Aber man war sehr froh. Generell war man sehr froh, dass sie abgezogen sind. Ich habe in Erinnerung, es waren alle traumatisiert. Also ich glaube, alle Männer, die vom Krieg heimgekommen sind, waren verrückt oder hätten in ein Irrenhaus gehört. Aber die Situation war natürlich damals so, dass da erst diese Traumatisierungen noch gar nichts gewusst hat. Dann war große Not. Und für solche Einrichtungen gab es natürlich kein Geld. Man konnte ja nicht alle alle Männer in ein Irrenhaus geben. Aber als Kind habe ich in Erinnerung, wenn ich am Gehsteig oder auf der Straße gehüpft bin, auf den Pflastersteinen, so Tempelhüpfen. Und wenn ich da so plötzlich gehupft bin, dann habe ich eine Watsche von irgend jemandem, von einem Mann bekommen. Und wenn ich dann ganz verdutzt geschaut habe und überhaupt nicht gewusst habe warum, dann hat es geheißen: „Schau net so blöd, wennst weiter so blöd schaust, gibt´s noch eine!“ Also es war eine total brutalisierte Umgebung, in der ich aufgewachsen bin. Es ist allen Kindern gleich gegangen. Man kannte nichts anderes. Ich habe dann später einmal eine Mal und Kunsttherapie Ausbildung gemacht und da wurde mir dann sehr bewusst, dass ich ein typisches Nachkriegskind bin. Ich bin auch traumatisiert von meinem Vater. Er war sehr gewalttätig. Meine Mutter hat sich mit 72 Jahren dann von ihm scheiden lassen. Meine Mutter war eine Vierteljüdin und in Echsenbach in einem Sägewerk, einem Arbeitslager interniert. Sie war auch ziemlich gezeichnet von dieser Zeit. Und ich rede auch mit meinen Kindern und mit meinen Enkelkindern über diese Zeit. Und besonders die Enkelkinder sind sehr interessiert an das, an was ich mich noch erinnere und noch ist.
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