Familiengeschichten, sonstiges

Kindheit auf einem Bergbauernhof in Öblarn

Von: Gertrud Vidovic geb. Erhardt | 28. März 2025, 18:52

Der Beitrag befasst sich mit der Kindheit auf einem Bergbauernhof, der von Frauen - Großmutter bzw. Tante - geführt wurde und dem Schulbesuch während und nach der Kriegszeit. Angesprochen wird auch die (gute) Versorgung mit Nahrungsmitteln.

Kindheit auf einem Bergbauernhof in Öblarn
Gertrud Vidovic geb. Erhardt

Ich wurde 1934 geboren und habe meine Kindheit und die Kriegszeit auf einem Bergbauernhof in Öblarn (Stmk) verbracht, den meine Großmutter und nach ihrem Tod meine Tante allein – mein Onkel war im Krieg - bewirtschaftet hat. Zur Unterstützung meiner Tante, wurde dem Hof eine Zwangsarbeiterin aus der Ukraine zugeteilt, die mir einige Worte in Ukrainisch beigebracht hat. Nach dem Krieg ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt.

Noch kurz vor Kriegsende wurde der Bahnhof von Öblarn zwei Mal von amerikanischen Fliegern angegriffen; Erzählungen zufolge wurde Hitler in Schloss Gstatt vermutet.

Mein Schulweg war im Krieg gefährlich. Wir mussten nach Beendigung des Unterrichtes entweder durch das Friedhofstor über die Wiesen Richtung Wald laufen oder falls es Tieffliegerangriffe gab, diese im Luftschutzkeller des Amtshauses abwarten und anschließend so rasch wie möglich den Heimweg auf den Berg antreten. Noch heute, ich bin mittlerweile über 90 Jahre alt, kommen immer, wenn ich das Amtshaus sehe, die schlimmen Erinnerungen an diese Zeit hoch. Nach Kriegsende wurde der Religionsunterricht wieder eingeführt und man durfte wieder mit ‚Grüß Gott‘ grüßen.

Im Gegensatz zu meinen Schulfreunden, die nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, hatte ich sowohl während des Krieges als auch in der Nachkriegszeit genug zu essen. Ich habe gerne meine dick bestrichenen Butterbrote gegen Brot mit Essiggurkerl und nach Kriegsende gegen Dosenkekse, die von englischen Besatzungssoldaten verteilt wurden, getauscht. Ich erinnere mich noch an Kleider die aus Fallschirmstoffen gefertigt wurden, ein Geschenk ebenfalls von Besatzungssoldaten.

Nach dem Krieg kam einmal ein Mann aus Graz auf unseren Hof, der Honig gegen Stoffe eintauschte.

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