Familiengeschichten, Frauen, Mütter, Kinder

Zum Aufpäppeln in die Niederlande geschickt

Von: Veronika Philipp | 9. Mai 2025, 17:49

Wir waren, könnte man sagen, arme Leute. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals Hunger gelitten hätte. Ganz im Gegenteil. Ich habe immer das Gefühl gehabt, ich wäre zu viel gefüttert. Aber trotzdem hat man mich dann nach dem Krieg in die Niederlande geschickt, mit einem Kindertransport zum Aufpäppeln sozusagen. Und da hatte ich den Eindruck, dieses Erlebnis in ein fremdes Land zu kommen, sich da eingliedern zu müssen und zu können, in eine fremde Familie und so, das hat mir sehr geholfen, auch fürs spätere Leben. Also ich kann einfach auf fremde Menschen zugehen, ohne Angst, ohne auf sie herabzuschauen, ohne sie fälschlicherweise zu bemitleiden oder so, wie das häufig mit Flüchtlingen ja passiert ist. Man gibt ihnen was, aber so von oben herab. Und das war eigentlich. Das Positive an den grauenvollen Ereignissen, die der Krieg natürlich für uns alle gehabt hat.
Ich war das kleinste von den Kindern, habe ich den Eindruck habe, das muss 1947, gewesen sein, also war ich noch nicht fünf Jahre alt. Und ich kann mich an eine Situation erinnern. Meine Mutter hat mich natürlich zum Zug gebracht und man hat mir natürlich schon vorher erzählt, wie das sein wird. Ich komme da in eine Familie und da gibt es wunderbare Dinge zu essen. Aber sie hat geweint, meine Mutter, als sie mich da verabschiedet hat. Und da habe ich mir das kann ich mich noch sehr gut erinnern, dass ich mir gedacht habe, warum weint sie, wenn sie mich doch weggeschickt? Ich kann mich nicht erinnern, dass ich geweint habe. Ich bin einfach mit den wenigen Sachen, die man da mit gehabt hat, hat irgendeine eine Karte bekommen, die einem umgehängt worden ist und darauf sind die Daten vermutlich gestanden. Und ja, und ich bin eigentlich ganz und unbeeindruckt in den Zug eingestiegen, neugierig, was das sein wird. Und ich kann mich nicht. Ich kann mich sehr gut an die Reise nach Holland. Ich war in Oss, das ist ganz in der Nähe der deutschen Grenze und ich kann mich sehr gut an die Hinfahrt erinnern, sogar an die Bahnstrecke. Der Zug fährt dann lange am Rhein entlang und ich war dann etwa 50 Jahre später bin ich wieder nach in die Niederlande gefahren. Mit dem Zug absichtlich. Und es waren die gleichen Bilder, die ich im Kopf gehabt habe. Also meine Erinnerung hat gestimmt. Die Fahrt am Rhein entlang. Und die vielen Schiffe, die da unterwegs sind. Und es hat mich alles sehr beeindruckt als Kind.

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