Fluchtgeschichten, Familiengeschichten
Flucht aus Graz 1945
Von: Herr Reinitzer | 30. Juni 2025, 09:03
Also im Jahre 1945 im März wurde die Bevölkerung aufgefordert die Gebiete um Graz zu verlassen und möglichst nach Norden zu flüchten, weil die Front schon in der Oststeiermark war. Man hat sie schon schießen gehört. Ich wollte dann mit meiner Familie von einem Bauernhof, der circa zehn Kilometer nördlich von Graz ist,
aufbrechen und haben alles vorbereitet, haben zwei Pferdefuhrwagen beladen mit allen notwendigen Dokumenten und was man halt alles bei einer Flucht mitnimmt und haben vorgehabt, am 31. März loszuwandern. Die beiden Wagen sind gezogen worden von Pferden. Und als wir dann starten wollten, haben wir bemerkt, dass ein Pferd gestohlen wurde. Jetzt haben wir einen der Wagen mit zwei Pferden bespannt und einen mit einem Pferd, nur weil das zweite gestohlen war und sind losgefahren, das war der 31. März. Und als wir kurz einige Kilometer gefahren sind, hat mein Onkel gemerkt, da ist ein anderes Fahrzeug gewesen mit diesem gestohlenen Pferd. Er ist hingegangen und hat mit den Leuten gesprochen. Und die hätten, all ihr Habe, das sie auf einen kleinen Wagen gehabt haben, hinten lassen müssen, hätten das Pferd ihm zurückgeben müssen und er hat aus diesem Grund gesagt, er verzichtet auf das Pferd. Sie können das behalten weil sie auf der Flucht waren und hat ihnen das Pferd überlassen. Wir sind dann in der Nacht bis kurz vor Frohnleiten gefahren. Die Straßen waren voll von Flüchtenden. Das heißt, das sind vorwiegend Handkarren, Fahrräder, Pferdefuhrwerk. Ganz wenige Autos, Autos und sind damals mit Holzgas betrieben worden. Weil kein Treibstoff vorhanden war, sind alle umgebaut worden. Und so sind wir in der Früh des 1. April, es war der Ostersonntag, kurz vor Frohnleiten zu stehen gekommen, denn damals kreuzte noch die Bundesstraße die Bahn. Und es war der Bahnschranken zu. Es waren also Tausende von Menschen, die sich vor den Schranken gestaut haben; so sind wir dort gestanden. Plötzlich sind zwei Flugzeuge über den Bergrücken gekommen. Das waren solche Doppelrumpfflugzeuge, solche amerikanischen Jagdflugzeuge, und sind über uns drüber geflogen, haben dann abgedreht und sind plötzlich von Süden im Tiefflug gekommen und haben in diese Menschenmassen hineingeschossen. Es war ein Durcheinander. Es war ganz, ganz schrecklich. Wegen dieses Zuges sind ja die Schranken zu gewesen. Und die Lokomotive dieses Zuges wurde kaputtgeschossen und konnte nicht weiterfahren. Daher war stundenlang der Schranken geschlossen. Und das war wirklich ein Chaos.
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