Ruth Klüger und Elisabeth Putz ausgezeichnet

Frauen-Preise

Das Ö1 Publikum weiß große Themen und große Namen zu schätzen. Bereits zum 19. Mal wählten die Hörerinnen und Hörer aus mehr als zwanzig Neuproduktionen des Jahrgangs 2011 ihr "Hörspiel des Jahres".

Mit überwältigender Mehrheit hat sich das Ö1 Publikum diesmal für die Hörspielversion eines der bedeutendsten Bücher der letzten Jahrzehnte entschieden: "Weiter leben" von Ruth Klüger. Der zum fünften Mal vergebene "Hörspielpreis der Kritik" geht an ein Stück, das die Grenzen des Hörspiels auslotet und das Genre neu definiert: "Die Hochzeit - Szenen eines Ereignisses vom Lande", von Elisabeth Putz. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der "Ö1 Hörspiel-Gala" am Freitag, den 24. Februar im Wiener RadioKulturhaus bekannt gegeben.

Gerti Drassl wurde als Schauspielerin des Jahres geehrt, die Laudatio hielt der Regisseur Götz Fritsch. Das "Hörspiel des Jahres" wird am Samstag den 25. Februar um 14:05 Uhr in Ö1 erneut ausgestrahlt. "Die Hochzeit" von Elisabeth Putz wird im "Hörspiel-Studio" am Dienstag, den 28. Februar, ab 21:00 Uhr wiederholt.

"Hörspiel des Jahres" von Ruth Klüger

"Ich kenne die Stadt meiner ersten elf Jahre schlecht", sagt Ruth Klüger, denn "Juden und Hunde waren allerorten unerwünscht." Elf Jahre war die Tochter eines jüdischen Wiener Frauen- und Kinderarztes alt, als sie gemeinsam mit ihrer Mutter ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde. Auschwitz und zwei weitere Lager sollten folgen.

50 Jahre später, 1992, veröffentlichte sie, mittlerweile Germanistik-Professorin in den USA und als Gastprofessorin immer wieder in Deutschland und auch in Österreich zu Besuch, ein Aufsehen erregendes Buch: "Weiter leben – eine Jugend". Mit den Worten des Kindes, das sie "einmal gewesen war", erzählt Ruth Klüger vom Leben als Judenkind in Wien, berichtet, neugierig zunächst, über das Leben und Überleben in den Konzentrationslagern. "Ich habe Theresienstadt gehasst", sagt sie. Aber auch: "Ich habe Theresienstadt geliebt. Irgendwie."

Anlässlich des 80. Geburtstages von Ruth Klüger im Oktober 2011 hat der ORF "Weiter leben" auf der Basis einer Theaterfassung von Nika Sommeregger, Hubertus Zorell und Pete Belcher als Hörspiel produziert. Mit Maria Hofstätter und Martina Spitzer, Regie führte Götz Fritsch.

"Rampenflucht" auf Platz zwei

Die Plätze zwei und drei gingen an Stücke, die beide in der Welt des Theaters spielen. An die zweite Stelle wählte das Ö1 Publikum Michael Dangls radikale Abrechnung mit den Schattenseiten der Theaterwelt: "Rampenflucht". Bearbeitung und Regie: Alice Elstner. "Noch nie", schrieb der Dramatiker Felix Mitterer zum Erscheinen des Buchs, "habe ich Treffenderes, Interessanteres, Spannenderes und auch Witzigeres über das Theater, über den Schauspielerberuf gelesen."

Im Zentrum des drittgereihten Hörspiels steht eine Schauspielerin. In seinem Stück "Hennir" erzählt Antonio Fian die Geschichte einer Nebendarstellerin, die Zeit ihres Lebens die Penthesilea spielen wollte und es doch nur zu einer Pferdestimmenimitatorin gebracht hat. In der Regie von Götz Fritsch wiehert und schnaubt, stampft, scharrt und bockt Isabel Karajan um ihr Leben. Auf den folgenden Plätzen finden sich unter anderem Stücke von Peter Danzinger, Johanna Tschautscher, Susanne Ayoub, Julian van Daal und Carolina Schutti.

"Hörspielpreis der Kritik" an Elisabeth Putz

Zum fünften Mal wurde im Rahmen der "Ö1 Hörspiel-Gala" der "Hörspielpreis der Kritik" vergeben. Literatur- und Kulturkritiker/innen der "Salzburger Nachrichten", der "Presse", des "Standard", des "Kurier" und des "Falter" vergeben den Preis für das, ihrer Ansicht nach, "künstlerisch anspruchsvollste und ansprechendste" Hörspiel des Jahres 2011. Die Wahl fiel auf "Die Hochzeit", ein ebenso amüsantes wie rasantes Dokumentarhörspiel der jungen österreichischen Radiomacherin und Autorin Elisabeth Putz. Sie erzählt darin die Geschichte der Hochzeit einer ihrer Schwestern. Ein Ereignis, das die gesamte Familie monatelang auf Trab hält. Und an dem die Krise der Ehe und die Erosion der traditionellen Familie spurlos vorübergegangen zu sein scheint.

Gerti Drassl ist "Schauspielerin des Jahres"

Seit 1997 wählt eine Fachjury aus ORF Hörspielregisseurinnen und –regisseuren gemeinsam mit der Redaktion die Schauspielerin oder den Schauspieler des Jahres. Ausgezeichnet und geehrt wurde diesmal ein Shooting-Star ihres Fachs: Die 1978 in Bozen geborene Theater-, Film- und Hörspielschauspielerin Gerti Drassl. Sie besticht, so die Jury in ihrer Begründung, durch ungeheure Präsenz, Genauigkeit und eine mitunter geradezu schmerzhafte Intensität.

Trotz ihrer Jugend hat Gerti Drassl in weit mehr als zwanzig Hörspielen mitgewirkt. Darunter Bearbeitungen von Heimito von Doderer und Hans Lebert, Stücke von Robert Woelfl und Jura Soyfer, von Eberhard Petschinka und Cesare Pavese. Sie spielte Hauptrollen an der Seite von Birgit Minichmayr, Erwin Steinhauer, Erni Mangold, Peter Simonischek und Peter Matic. Gerti Drassl folgt als "Schauspielerin des Jahres" bisher Ausgezeichneten wie Rudolf Wessely, Martin Schwab, Bibiana Zeller, Andrea Clausen, Elisabeth Orth oder zuletzt Cornelius Obonya.

"Der China Wägen" gewinnt "Track 5'"

Das Publikum des Klangtheaters wählte aus den zehn Finalisten des Ö1 Kurzhörspielwettbewerbes "Der China Wägen" zum Sieger. Flo Staffelmayr und Julia Meinx setzen sich darin auf amüsante Weise mit aktuellen demografischen Zahlen und deren Absurditäten auseinander. Auf dem zweiten Platz landete "Regen" von Brigitte Winter, ein Kurzhörspiel mit der Einladung, sich auf eine Regen-Reise zu begeben. Den dritten Platz belegte die Produktion "Dienerinnen" von Kerstin Putz, eine Betrachtung über das Motiv des Dienens im Setting einer mittelalterlichen höfischen Kultur. Alle Beiträge werden im "Hörspiel-Studio" am Dienstag, den 6. März, ab 21.00 Uhr gesendet.