Lehreralltag: Forderungen aus der Praxis

Am Tag nach der Bekanntgabe der PISA-Ergebnisse und mitten in der Gesetzwerdung des umstrittenen Lehrerdienstrechts fragen wir Betroffene, die keine Funktionäre sind - sondern eine Lehrerin und einen Lehrer, die Tag für Tag in der Klasse stehen. Wie bewerten sie den Zustand der Schule, und was soll auf Berufsanfänger künftig zukommen?

Morgenjournal, 4.12.2013

Zu wenig Personal und Geld

Jeder fünfte Jugendliche versteht nicht, was er liest, und vor allem Mädchen haben Schwierigkeiten beim Rechnen: Nach Ansicht der österreichischen Lehrerinnen und Lehrer muss die jüngste PISA-Studie Folgen haben. Geht es nach Margit Pieler, Deutschprofessorin am Gymnasium Frauengasse in Baden, dann gibt es bald mehr Personal, und zwar nicht nur in den Klassenzimmern: "Wir sind eine Schule, die 37 Klassen und 850 Schüler hat und haben eine Sekretärin. Uns würde eine zweite Sekretärin zustehen. Das man Sozialarbeiter für die Schüler hat, dass man eine Schulpsychologin hat, die nicht nur einmal im Monat zwei Stunden kommt. Das würde sowohl die Lehrer entlasten als auch den Schülern eine große Hilfe bieten." So würden auch die Leistungen der Schüler steigen, glaubt die Deutschlehrerin. Gerade in ihrem Bereich vermisst sie Personal und Geld: "Es ist allgemein so, dass für die Leseförderung eigentlich sehr wenig Ressourcen da sind. Wir haben fünf erste Klassen. Dass wir drei Leseförderstunden haben und dass wir mit diesen Ressourcen auskommen müssen, finde ich sehr wenig."

Auch Josef Reiter wünscht sich mehr Mittel vom Staat, er ist Musiklehrer in Wien-Ottakring. Der Stadtschulrat will nicht, dass sein Gymnasium namentlich genannt wird. Aus seinem Alltag weiß Reiter: "Ein gutes Sprachverständnis, ein Leseverständnis, das ist ja die Grundlage von jedem Unterrichtsfach. Und da müsste es mehr Stunden geben, mehr Förderstunden, mehr Geld und mehr Personal. Also die Regierung redet von großer Bildungsoffensive und kosten darf es nichts."

Zum Streik bereit

Das neue Lehrerdienstrecht sieht Reiter skeptisch. Kommt das Gesetz so, wie von SPÖ und ÖVP geplant, dann werde das Niveau an den Schulen weiter sinken: "Dass zum Beispiel auch an der Oberstufe die Möglichkeit, dass Lehrer in jedem Fach eingesetzt werden können, das ist für mich ein Symptom dafür, dass eigentlich in der Schule die ganze Fachausbildung nicht mehr so relevant ist."

Die Gewerkschafter hätten sich in den Verhandlungen aber auch zu wenig bewegt: "Ich bin da natürlich nicht glücklich. Ich finde es schade, das da nicht einmal auch in der Gewerkschaft Funktionäre ein positives Image medial vermitteln können." Den Ärger der Lehrervertreter, dass die Regierung das Dienstrecht ohne sie durchsetzen will, versteht Reiter aber. Einen Streik würde er mittragen.
Das sagt auch Margit Pieler aus Baden. Einzelne Teile des Dienstrechts müssten noch verbessert werden, zum Beispiel sollte eine Master-Ausbildung für Junglehrer Pflicht sein. Sollte das nicht kommen, dann würde sie auch streiken, sagt Pieler. Die Gewerkschaft will in wenigen Tagen über ihren Protest entscheiden.