Mit Christoph Ransmayr in seiner Heimat

Am Wasser und am Berg

Auch wenn der Schriftsteller Christoph Ransmayr sein Domizil in West-Cork/Irland nach wie vor behält, so wird er künftig doch wieder mehr Zeit in Österreich verbringen, und zwar am Traunsee, wo Ransmayr die Jahre der Kindheit und Jugend verbracht hat.

Der Traunsee ist eine Art Lebenslandschaft für den Dichter Christoph Ransmayr - immer wieder kehrt er hierher zurück, nicht nur literarisch, wie in seinem großen Roman "Morbus Kitahara", sondern auch buchstäblich, als Bergwanderer, als Sommer- und Winterfrischler.

Mit der Plätte über den Traunsee

Traunstein und "Schlafende Griechin" dämmern im Licht der Nachmittagssonne, der tiefgrüne See ist sanft gekräuselt, auf der Halbinsel auf der anderen Seeseite drüben erhebt sich zwischen Eiben und Buchen die Johannesbergkapelle, eines der romantischen Wahrzeichen der Gegend. Der Traunsee ist sehr schmal an dieser Stelle, eineinhalb, vielleicht zwei Kilometer breit.

Christoph Ransmayr sitzt in einer Plätte, einem der ortsüblichen Holzboote mit vorne hochgezogenem Spitz. Er hält die Hand an die Stirn, schützt die Augen vorm Sonnenlicht, schaut zum Westufer hinüber.

"Der Ort, der mir jetzt auch in den letzten Jahren als Besucher immer näher gekommen ist, das ist Traunkirchen", erzählt Ransamyr. "Das ist ein Ort, der auch noch etwas Dörfliches hat, was viele andere Ufergemeinden verloren haben. Das ist für mich auch die nächste Linie von der Alm, auf der ich immer wieder wunderbare Zeiten verbringe, hinunter zum Ufer."

Sehnsuchtspunkte Berge

Die Plätte gleitet dicht am Ostufer entlang. Ein schmaler, unzugänglicher Steinstrand, dahinter mächtige, hoch aufragende Felswände. Die Stelle hier mag er besonders gern, erzählt Christoph Ransmayr. Manchmal, wenn das Wetter es zulässt, schwimmt er auch von Traunkirchen aus herüber. Wenige Kilometer von hier entfernt, in Roitham bei Gmunden, ist Christoph Ransmayr aufgewachsen.

"Die Berge waren ja schon in meinem Kinderzimmer immer eine Art Mauer, die die Aussicht begrenzt haben", erinnert sich Ransmayr. Aber auch ein Sehnsuchtspunkt, denn die Berge waren immer etwas, wohin nicht nur die sonntäglichen Ausflüge geführt haben, sondern auch meine Phantasie-Ausflüge, wenn man so will."

Bergfex Ransmayr

Christoph Ransmayr ist ein Bergfex geblieben, beileibe nicht nur in der Phantasie. Mit Anfang, Mitte fünfzig gibt's der passionierte Tourengeher allerdings etwas billiger als früher, auch eines lädierten Knies wegen. Schließlich: Es müssen nicht immer Anden- oder Himalaya-Gipfel sein, auch Salzsteigjoch und Rinnerkogel haben ihre Reize. Christoph Ransmayr weiß: Auch die Gipfel der oberösterreichischen Kalkalpen haben ihre Reize, zumal den Dichter nicht zuletzt ein, nun ja, archäologisches Interesse über die Baumgrenze hinaus führt:

"Mich fasziniert bis heute etwas ganz Bestimmtes an den Bergen. Besteigt man einen Berg, unternimmt man in gewisser Weise auch eine Zeitreise. Je höher man kommt, umso weiter geht man zurück in der Menschheitsgeschichte."

Blick in den Himmel

Inzwischen haben wir die Plätte im Bootshaus vertäut, es ist später Nachmittag geworden: Ransmayr sieht aus dem Fenster: Hält das Wetter? Wird die Sicht so klar bleiben? Wichtige Fragen, denn in seinem Häuschen auf einer Alm über Traunkirchen will der Dichter auch heute Nacht einem seiner liebsten Hobbys frönen: dem Sterngucken.

"Verschiedene Dinge, die in der Astronomie längst bekannt und bewiesen sind, tatsächlich auf der Netzhaut zu haben, über die Okulare, über das Teleskop, das ist ein wunderbares Vergnügen", ist Ransmayr begeistert. "Dem gebe ich mich gerne hin. Das ist auch eine Art Zeitreise: Durch den Blick in den Himmel ist man mit unvorstellbaren Zeiträumen konfrontiert. Insofern gibt es da auch Parallelen zum kleineren Weg in den Himmel, ins Gebirge nämlich."

Die Astronomie ist eine wundersame Wissenschaft: In keinem anderen Forschungszweig, so wusste schon der alte Lichtenberg, erscheint der menschliche Verstand in seiner ganzen Größe, in keiner anderen auch erkennt der Mensch so eindrucksvoll, wie klein er ist. Mag sein, dass es gerade das ist, was Christoph Ransmayr so anzieht, am Bergsteigen wie am Sterngucken.

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Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 29. April 2007, 10:06 Uhr

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Buch-Tipp
Christoph Ransmayr, "Der fliegende Berg", S. Fischer Verlag, ISBN 3100629361

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Link
Fischerverlage - Christoph Ransmayr