Sodomie statt Unzucht!
Herzen aus Brokkoli
Dem schicken Wien und seinen meinen Friends hab ich den Rücken gekehrt. War schon dreckig. Und besitze nun neben rauen Händen die Möglichkeit, in den Sommer mit der guten Hoffnung schwanger zu gehen, dereinst echtes Gemüse ernten zu können. Nolens volens.
8. April 2017, 21:58
Ich bin aufs Land gezogen. Gleich ging ich einkaufen. Ein Mädchen von zehn oder achtzehn Jahren hatte ein Auge auf mich. Mädchen, die zehn oder achtzehn sind, meide ich, denn sie sind in jedem Fall zu jung für ein feines Schäferstündchen, auch wenn sie es sich sehnlich wünschen.
Ich brauche gar keine Frau, da auf dem Land. Im Sommer kommen ein paar Schafe als Rasenmäher, auch eine Ziege. Außerdem kommt man bei so viel körperlicher Arbeit gar nicht auf die Idee, jemanden im Rahmen eines Tete-a-Tete hinlänglich kosen zu wollen.
"Die Pflanzen nehmen Nahrung, ohne Exkremente zu geben", hat Jean Paul geschrieben, und ich denke da ganz ähnlich, die Pflanzen sind eigentlich nur deshalb unsere Vorbilder, weil sie nie aufs Klo müssen. Ansonsten sind sie uns zuwider, weil wir sie essen müssen, obwohl uns ein Schweinebauch viel besser schmeckt als zum Beispiel eine Erbse.
Aber wir müssen Pflanzen essen, sonst kommt Weightwatchers und bombardiert uns mit Informationsmaterial in stinkigem Vierfarbendruck: Eine Verschwendung sondergleichen, denn niemand, der noch Herr über seine sechs Millionen Augzapfen ist, schließt sich freiwillig einem Klub an, in dem äußerst unansehnliche Girls and Boys herumhocken, einander ihr körperliches und ihr seelisches Leid klagen und zum Finale ihrer Gehirnwäsche - in den gebrochenen Augen Herzen aus Brokkoli - in einem Haus der Begegnung "Wir wollen nie mehr aus einander gehen" trällern, eher nicht gewärtigend, dass in der Zeit vor ihrer kalorischen Distinktion nicht einmal die drei Leichtesten von ihnen in dieser Hosentasche von einem Festsaal Platz gehabt hätten.
Dabei mag ich dicke Leute. Solange sie nicht abnehmen wollen. Sie sind immer lustig, und wenn sie umfallen, kommen sie nicht gleich wieder auf, was an die Hinfälligkeit menschlichen Strebens gemahnt. Hermes Phettberg zum Beispiel schaut grauslich aus, wenn er auf der Gumpendorfer Straße vor sich hin schwitzt, würde aber nie auf den Gedanken verfallen, einer Diätsekte beizutreten, und Kurt Krenn hat sicherlich auch wichtigere Probleme als sein telegenes Auftreten. Und meine neue Nachbarin heißt Mitzi und ist auch dick und macht angeblich super Schaumrollen.
Aber man kann nun einmal keine Buchteln mit Vanillesauce anpflanzen (wie mein neuer Hausherr unter wilden Drohungen, mich sonst zu Ahmadinedschad zu schicken, verlangt!), keine Schnitzel, keine Paprikahaserln und keine Brownies. Und muss also mit dem üblichen Gemüseproletariat Tomate, Karotte, Gurke und Wassermelone vorlieb nehmen - arm eigentlich, wie sie da, ungeliebt im Findelhaus der Natur, von mir mit der Arglist des marodierenden Stadtflüchtlings zu lauter kleinen Mausi Lugners runtergezüchtet werden.
Was ich tatsächlich nicht akzeptieren kann, ist Folgendes: An meinem Geburtstag haben, laut Internet, außer mir nur Profiboxer, Wrestler, Fußballschiedsrichter und eine tumbe deutsche Fernsehmoderatorin Geburtstag. Nach Eingabe eines beliebigen anderen Datums rieseln die Namen Glenn Gould, Hannah Arendt, Fred Feuerstein, Kurt Waldheim - alles Leute, mit denen man gerne den Geburtstag teilt. Nur an meinem lauter Halbstarke. Ich bin schon wieder traurig.