Das Lied schläft in der Maschine

Musik auf Verlangen

Aufträge sind die Rahmenbedingungen, damit sich Komponisten der eigenen Musik widmen können. Im Gegensatz zum romantischen Bild des weltfremden Künstlers müssen sich Komponisten mit der undurchsichtigen Realität des Musikbusiness auseinander setzen.

Bernhard Lang, Komponist

Musik wird nicht ausschließlich in autonomen Prozessen geschaffen, eine Vielzahl von Kompositionen entsteht durch Aufträge. Diese bieten Komponisten ökonomische Sicherheit, sofern sie für Entscheidungsträger durch ihre erfolgreiche künstlerische Arbeit und Ihr Können sichtbar sind. Entscheidungen, wer einen Kompositionsauftrag erhält, sind oft abhängig davon, ob es einen speziellen Hintergrund, eine Motivation und einen Zweck für die Verwendung der Komposition gibt.

Der Auftrageber definiert und ermöglicht die Rahmenbedingungen für das Zustandekommen eines Projektes. Die genauen Hintergründe, die etwa einen Veranstalter oder ein Aufführungshaus dazu bewegen, einen Auftrag zu übergeben, sind für Komponistinnen und Komponisten bei der Auswahl oder Annahme eines Auftrages wenig oder gar nicht relevant. Genreabhängig stellen sich Fragen zum zeitlichen Arbeitsaufwand, zur Art und Dauer des Stücks sowie zur Besetzung und Realisierung der Komposition.

Wie groß ist das Verlangen?

Die Frage, wie viel Musiker für ihre Leistungen verlangen dürfen, ist schwer zu beantworten. Der Musikschaffende selbst muss sich über Zeitaufwand, entstehende Kosten und realistisches Honorar im Klaren sein. Dabei können Honorarverhandlungen mitunter sehr unterschiedlich ablaufen. In den meisten Fällen werden Honorarvorstellungen jedoch zuerst vom Auftraggeber formuliert, damit sich die Komponisten einen möglichen Rahmen vorstellen können.

Wie in der Bildenden Kunst gibt es auch im Musikbereich Marktpreise, die sehr unterschiedlich sind und vom Marktwert der jeweiligen Komponisten abhängen. Dieser Marktwert steigt erst mit Bekanntheitsgrad und künstlerischem Erfolg der Komponisten. Aufführungen, CD-Aufnahmen, Beiträge im Radio und im Fernsehen, eine eigene Homepage - also Präsenz in den für den Musikbetrieb relevanten Verbreitungs- und Informationskanälen - sind notwendig, aber keinesfalls Garant für weitere Aufträge.

Kompositionsauftrag

Kompositionsaufträge sind oft verbunden mit hohen finanziellen Aufwendungen. Auftraggeber und Auftragnehmer setzen daher ein Vertragswerk auf, das den Rahmen und die Bedingungen im Vorfeld der Produktion weitgehend klären soll. Nach Verhandlungen zum Rechteumfang und zur Honorarhöhe, einigen sich die Vertragspartner in einem Schriftstück: "Das Papier, das legt einmal die Leistungen fest, wann, in welcher Form und nach welchen Vorstellungen geliefert werden muss, was es dafür für ein Entgelt gibt, und welche Rechte auf welchen Zeitraum genau übertragen werden", so Jurist Markus Deisenberger, Rechtsberater beim music information center austria (mica).

Um den Vertragspartnern im Falle von Streitigkeiten während oder nach der Realisierung der Komposition den Weg vor das Gericht ersparen zu können und die damit verbundenen hohen Gerichtskosten zu umgehen, raten Juristen Mediationsklauseln ins Vertragswerk zu inkludieren. Grund: Der Wert von einer geistigen Leistung ist sehr schwer bestimmbar, daher gibt es im juristischen Sinn auch keinen Streitwert, dieser muss erst bestimmt werden und das kann sich mitunter sehr aufwändig gestalten.

Sponsoring

Die Beweggründe eines Unternehmens, Kompositionsaufträge zu vergeben, sind sehr verschieden. Grundsätzlich wird es von Seiten der Veranstalter als positiv und notwendig betrachtet, dass für freie künstlerische Arbeit Geld von Sponsoren zur Verfügung steht. Die Idee einer autonomen Kunst und Auftragsvergabe sind dabei kein Widerspruch für sich, meinen sowohl Komponisten als auch Veranstalter und Sponsoren.

Diese finanzielle Unterstützung von Unternehmen an Musikschaffende wird von den Firmen selbst gerne als Förderung der entsprechenden Szene gesehen. Anders als beim reinen Mäzenatentum, bei dem nicht die Erwartung eines direkten ökonomischen Nutzens vorherrscht, basiert das Sponsoring auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Engagement in musikalischen Nischenbereichen trägt zwar nicht unmittelbar zur Anwerbung von Neukunden bei, kann aber einen wesentlichen Beitrag zur Formulierung und Auslebung der jeweiligen Firmenphilosophie leisten.

Werbung

Heute gibt es im Radio und Fernsehen kaum eine Werbung, wo nicht Musik verwendet wird. Werbemusik tritt in den unterschiedlichsten Formen auf und soll den Konsumenten in eine bestimmte Richtung beeinflussen. Sie verbessert die Erinnerung an das beworbene Produkt, bewirkt eine bessere Unterscheidbarkeit des Produktes sowie der Werbung und verhilft zu einer positiveren Einstellung gegenüber der Produktmarke. Mitteilungen, die verbal nicht kommuniziert werden können, werden auf musikalischer Ebene vermittelt.

Für Musikschaffende bedeutet Musik in der Werbung ein durchaus lukratives, wenn auch teilweise konfliktreiches Arbeitsfeld. Musikaufträge in der Werbebranche werden von vielen Komponisten aus einem rein finanziellen Grund angenommen. Die Werbung als Form der Auftragsmusik bedeutet auch eine Gefahr für die künstlerische Gestaltungsfreiheit des Komponisten.

Hört die Signale!

Akustische Kennzeichnung von den verschiedenen Programmteilen hat eine große Bedeutung für den Rundfunk. Seit Beginn des Hörfunks garantieren Signations, also akustische Signale, die Trennung von einzelnen Sendungen. Im Fernsehen ist hierfür eine Synthese aus Bilddramaturgie und Musik notwendig.

Neben der Trennung von einzelnen Programmteilen tragen Signations auch zur Identität und Unterscheidbarkeit eines Senders bei. Zudem sollen fiktive, dokumentierte und reale Ereignisse unterschieden werden können. Musik wird dazu als dramaturgisches Element eingesetzt. Die Aussparung von Musik, ihr dezenter oder dominanter Einsatz signalisiert, welche "Realitätsebene" gerade gezeigt wird, bei Nachrichtensendungen beispielsweise muss die Signation eine stärkere Signalwirkung besitzen, um erhöhte Aufmerksamkeit zu wecken - bei den Wortbeiträgen wird die Musik jedoch meist nur leise oder gar nicht verwendet, um Nüchternheit zu transportieren.

Mikrokompositionen

Im Alltag begegnen uns Kompositionen aber nicht nur über das Radio und Fernsehen. Mikrokompositionen sind für unsere Ohren auch aus Mobiltelefonen zu vernehmen. Ob es sich dabei lediglich um akustische Umweltverschmutzung oder doch um Musik handelt, sei dahingestellt.

Aus der ursprünglichen Idee, zur Unterscheidung verschiedener Telefone und Anrufer die Melodien einstellbar zu machen, hat sich ein eigener Wirtschaftszweig zur Vermarktung von Klingeltönen entwickelt, dessen Umsätze einen beträchtlichen Teil der Musikindustrie ausmachen.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 12. Februar bis Donnerstag, 15. Februar 2007, 9:45 Uhr

Buch-Tipps
Otto Brusatti, Isabella Sommer, "Josef Strauß. Delirien und Sphärenklänge", Holzhausen, ISBN 9783854930716

Herbert Bruhn, Rolf Oerter, Helmut Rösing, "Musikpsychologie. Ein Handbuch", Rowohlt, ISBN 9783499555268

Helga de LaMotte-Haber, "Handbuch der Musikpsychologie", Laaber, ISBN 9783890073293

Wolfgang Suppan, "Der musizierende Mensch. Eine Anthropologie der Musik", Schott, ISBN 9783795717094

Links
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mica - Musikverträge