The Bells of 1 2
Sol Seppy
Weit weg vom Hochglanz triumphiert die Einfachheit des Debüts von Sol Seppy und berührt ganz unvermutet. Für die englische Sängerin ist Musik ein Portal zu einer eigenen Welt, ein Zugang ins Hier und Jetzt, ohne Rückblick oder Vorausschau.
8. April 2017, 21:58
Aus dem Eröffnungs-Song des Debütalbums
Mit zerzaustem, weißblondem Pagenkopf, leicht bekleidet, zeigt sich Sophie Michalitsianos am Cover ihres Debütalbums schwarzweiß in einem barocken Wohnzimmer mit totem Baum. Unnahbar und doch zugänglich, verstrickt und doch ganz klar entfalten sich kleine, akustische Kostbarkeiten im Inneren der Hülle.
Wie aus einem Guss fügt sich ein Lied ums andere in die Geschichte. Ein zartes Knistern wechselt mit rauen Gitarren- und Synthesizersounds um im nächsten Song einen verregneten Sonntagnachmittag am Klavier zu verbringen.
Kompositionen für Werbung
Ruhe und Muße zu finden, um die ganze Platte im Alleingang aufzunehmen, war für Sol Seppy nicht so einfach. Sie begann früh für Musicals und Werbungen zu komponieren. In Australien war sie als improvisierende Rock-Cellistin bekannt, bevor Mark Linkous, Frontman der Band Sparklehorse, auf sie aufmerksam wurde.
Angetan von ihrem musikalischen Können lud er sie ein, in seiner Band mitzuspielen. Mit Sparklehorse ging Sol Seppy auf Tour, als Vorband von Radiohead auf ihrer "OK Computer"-Tour in den USA, und lernte dafür extra Gitarrespielen.
Zurück an den Anfang
Allein im Studio war ihre musikalische Welt dann nicht mehr ganz so rosig. Zwar hatte sie sich von Forderungen der Plattenfirmen gelöst, war unabhängig und musste keine ledernen Männerphantasien eines Cello spielenden Vamps erfüllen, um Geld zu verdienen.
Doch notorisch unzufrieden mit sich und den Liedern kämpfte Sophie Michalitsianos jeden Tag aufs Neue im Studio. Keine Idee war gut genug, um nicht letzen Endes wieder zerstört zu werden. Mit der Explosion ihres Studios eines Abends hatte ihr Hadern ein Ende. Die Arbeit der vergangenen Jahre wurde mit einem Schlag vernichtet und sie konnte noch einmal von vorne beginnen.
Leichtigkeit mit zartem Glanz
Die Leichtigkeit mit der Sol Seppy ans Werk gegangen ist, verleiht den Liedern einen zarten Glanz. Sie hält sich nicht an die klassische Popsongstruktur - Strophe, Bridge, Refrain - und experimentiert mit Form und Farbe der Klänge.
Sie vergleicht ihre Lieder mit Schmetterlingen. Es sei oft viel schöner, sie durch die Luft segeln zu sehen, als sie tatsächlich einzufangen. Auch wenn es ein wenig abgehoben klingt, zu sehr mit einer Traumwelt verbandelt, so klingen ihre Beschreibungen durchaus plausibel, wenn man sie aus ihrem Mund vernimmt.
Der eigenen Kraft vertrauen
Der Neuanfang war für Sol Seppy ein Schubs über den eigenen Schatten hinaus, ein kleiner Schritt vorwärts für den sie auch in den Texten plädiert. Es sei an der Zeit, endlich die Augen zu öffnen, vernimmt man da; nicht länger warten, dass man gerettet werde.
Das müsse man schon selbst tun. Dem Leben und der eigenen Kraft vertrauen verlautbart die Musik, und wie gerne möchten wir ihr glauben. Trotz Pathos.