Klima beeinflusst Flug- und Ernährungsverhalten
Alle Vöglein sind noch da
Kraniche, die statt in Südspanien in Norddeutschland überwintern, oder Ringeltauben, die zum Jahreswechsel balzten - Ornithologen führen diese ungewöhnlichen Phänomene auf sich ändernde klimatische Bedingungen zurück.
8. April 2017, 21:58
Des einen Freud', des anderen Leid'
Die An- und Abflugszeit oder der Zielort - mit dem Klimawandel ändert sich speziell das Verhalten von Zugvögeln. Langstreckenzieher, die südlich der Sahara überwintern, wechseln ihre Flugzyklen kaum. Anders die Kurzstreckenzieher, die für gewöhnlich die kalte Jahreszeit im Mittelmeerraum verbrachten.
"Immer mehr von ihnen, etwa das Rotkehlchen oder die Grasmücke, ziehen immer weniger weit weg oder bleiben gleich das ganze Jahr über an einem Ort", sagt der Ornithologe Hans Winkler vom Wiener Konrad-Lorenz Institut für vergleichende Verhaltensforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. An der sonst im Winter rauen Westküste Europas zählten Ornithologen zu Jahresbeginn noch bis zu 80 Vogelarten. In strengen oder normalen Wintern leben hier nur zwischen 25 und 50 Spezies.
Ein europaweiter Spezialfall
Österreich ist in Sachen "Vögel und Klimawandel" ein europaweiter Spezialfall. Einerseits wegen der dürftigen Datenlage, anderseits wegen zwei geographischen Merkmalen. Das sind die lange Ost-West-Achse und der Alpenraum", sagt Winkler: "Was uns in den Alpen Sorgen bereitet, ist die Frage, inwieweit das Höherwandern der Vegetationszonen den Lebensraum der hochalpinen Vogelarten einschränkt bzw. diesen ganz verdrängen wird."
Unterschiede zwischen Osten und Westen
Der Forscher erwartet, dass in Österreich Vertreter ein und derselben Vogelart unterschiedlich vom Klimawandel betroffen sein werden. Erste Hinweise darauf, dass sich die Gegensätze zwischen den Populationen im Osten und Westen des Landes verstärken, gibt es bereits.
"Vor allem die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik hat entsprechende Daten über Kuckuck und Rauchschwalbe gesammelt und festgestellt, dass die Abflug- und Anflugszeiten regional unterschiedlich geworden sind."
Auswirkungen auf Nahrungsangebot
Kommen die Vögel früher zum Brüten zurück, wirkt sich das meist positiv auf den Bruterfolg aus. Allerdings können sich durch zeitlich geändertes Flugverhalten in Punkto Nahrungsangebot auch Probleme ergeben. "Die Flugzeiten der Vögel hängen an und für sich eng mit den Lebenszyklen von Insekten zusammen. Bestimmte Insekten reagieren auf Temperaturschwankungen jedoch sehr empfindlich und das kann zu einem geringeren Futtervorkommen für die Jungtiere führen", sagt Hans Winkler.
Klimawandel-Verlierer und Lebensraum-Gewinner
Vogelpopulationen, die in der westlichen Sahelzone überwintern, zählen vermutlich zu den eher bedrohten Arten. Durch die dortigen Auswirkungen des Klimawandels - zum Beispiel Wassermangel - sind etwa der Mauersegler oder der Teichrohrsänger gefährdet.
Im Gegensatz dazu zählt der Bienenfresser zu jenen Arten, die vom Klimawandel zu profitieren scheinen. Dazu Hans Winkler: "Er hat sein mediterranes bzw. subtropisches Verbreitungsgebiet weiter nach Norden ausdehnen können und wurde in den vergangenen Jahren in Europa heimisch."
Die Änderungen im Flugverhalten der Vögel sind nur schwer einem einzelnen Faktor zuzuordnen, sagt Winkler: "Neben dem Klimawandel könnten auch die Umstellungen in der Land- und Forstwirtschaft und das Füttern der Tiere durch den Menschen eine Rolle spielen."
Hör-Tipp
Dimensionen-Magazin, Freitag, 26. Jänner 2007, 19:05 Uhr
Links
Konrad Lorenz Institut der ÖAW
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
birdlife.at
themenschwerpunkt.ORF.at - Klimawandel
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