Die Verknüpfung von Daten
Semantic Web
Suchprogramme im Internet können nur nach konkreten Informationen suchen, deren Bedeutung oder Verknüpfung mit anderen Informationen aber nicht verstehen. Das Semantic Web, an dem Forscher seit Jahren arbeiten, soll dieses Problem lösen.
8. April 2017, 21:58
Das World Wide Web liefert eine schier unendliche Fülle an Informationen auf den Schreibtisch und das auch noch schnell. Doch Suchmaschinen haben ihre Grenzen: Sie können nur nach Wörtern suchen und nicht nach deren Bedeutung. Gibt man in eine Suchmaschine zum Beispiel das Wort "Kohl" ein, kann diese nicht wissen, ob man das Gemüse, den Politiker Helmut Kohl oder vielleicht sogar "Kohle" gemeint hat. Hier soll das so genannte "Semantic Web" Abhilfe schaffen.
Der Begriff "Semantic Web" fasst Entwicklungen zusammen, die das Internet "intelligenter" und nutzerfreundlicher machen sollen. Ziel ist es, dass das World Wide Web die Bedeutung von Informationen verstehen kann und so die Suche nach ihnen erleichtert.
Das Internet - gut, aber nicht gut genug
Das Internet wurde 1969 entwickelt, um Daten zwischen räumlich getrennten Computern austauschen zu können. Anfangs wurde es vor allem von Universitäten und Forschungseinrichtungen genützt.
20 Jahre später, also 1989, schuf Tim Berners-Lee am Forschungszentrum CERN bei Genf die Grundlage für die einfache Benutzbarkeit des Internets. Er entwickelte die so genannte "Hypertext Markup Language", kurz HTML, mit der Dokumente für das World Wide Web einheitlich dargestellt und mit anderen Dokumenten verlinkt werden können - egal, auf welchem Server sich diese befinden.
Durch Suchmaschinen konnte man bald auch Dokumente finden, deren Web-Adresse man nicht kannte. Damit wurde das World Wide Web zu einem Medium, das den einfachen und schnellen Zugang zu Informationen von jedem vernetzten Computer der Welt aus möglich machte.
Etwas radikal Anderes
Tim Berners-Lee, später Forscher am MIT, am Massachussetts Institute of Technology in Boston, war damit aber noch nicht zufrieden. Zusammen mit Ora Lassila, Forscher am Nokia Research Center in Cambridge, begann er schon 1996 mit der Entwicklung von Systemen, die Informationen und Zusammenhänge verknüpfen können. Der Begriff Semantic Web wurde geboren.
Metadaten liefern Bedeutung
Eine wesentliche Grundlage für das Semantic Web ist die Verknüpfung von Daten mit Zusatzinformationen, den so genannten Metadaten. Diese Metadaten sollen etwas über den Bedeutungszusammenhang von Daten aussagen und für Computerprogramme lesbar sein.
Mögliche Metadaten für das Wort "Kohl" wären zum Beispiel "Gemüse" oder "Name". Bei einer Suche im Semantic Web könnte das entsprechende Programm dann fragen: "meinten Sie: Gemüse?" oder "meinten Sie: Helmut Kohl?". Das wäre weitaus hilfreicher als die heutige Suche, die nur nach dem Wort ohne Bedeutungszusammenhang suchen kann. Die Suchmaschine Google zum Beispiel liefert derzeit bei der Anfrage nach "Kohl" mehr als 13 Millionen Dokumente.
Ordnung für das Datenchaos
Semantische Technologien können aber weit mehr, als nur Metadaten lesen. Sie können auch Ordnungen und Zusammenhänge erkennen. In einer Firma könnten damit zum Beispiel Informationen über Mitarbeiter, Kunden, Aufträge und Projekte zusammengefasst werden, sodass man gezielt danach suchen kann, welcher Mitarbeiter welche Projekte und welche Kunden betreut, welche Kompetenzen dieser Mitarbeiter hat und mit welchen Kollegen er zusammenarbeitet. Das Wissenskapital einer Firma oder Organisation könnte damit wesentlich besser genützt werden.
Daten finden auf vielen Wegen
Jim Hendler, einer der Väter des Semantic Web, nennt im Gespräch mit Ö1 ein weiteres Beispiel: "Wenn Sie zum Beispiel das Verzeichnis Ihrer beruflichen Kontakte, in dem Sie aufgelistet haben, dass Sie mich zu diesem Thema interviewt haben, mit Ihrem Kalender verbinden könnten, dann würden meine Daten automatisch über den Kalender abrufbar sein. In zwei Jahren werden Sie sich vielleicht nicht an meinen Namen erinnern, aber Sie könnten sich erinnern, wann Sie dieses Thema behandelt haben, und könnten im Kalender nachschauen."
Mehr zu früheren Ausgaben der Netzkultur in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Dimensionen, Mittwoch, 10. Jänner, 19:05 Uhr
Links
Semantic Web School in Wien
Konferenz "Semantics 2006"
Scientific American
Tim Berners-Lee
Ora Lassila
Jim Hendler