Der Islam und der Westen - Teil 3
Vorurteile gegenüber Muslimen in Europa
Den Islam prinzipiell als einen monolithischen Block und nicht in seiner kulturellen Vielfalt zu sehen, ist eine Quelle für Vorurteile. Insbesonders seit dem 11. September 2001 sind im Westen diffuse Ängste und Vorurteile gegenüber dem Islam gewachsen.
8. April 2017, 21:58
Vorurteile des Westens gegenüber dem Islam und vice versa sind keine Erfindung der Neuzeit. Vor allem für die Europäer war der Orient immer faszinierend und furchterregend zugleich.
"Rassismen waren immer dabei", meint Peter Heine, Professor für Islamwissenschaft des nicht-arabischen Raumes an der Humboldt-Universität in Berlin. Und auch die Türkenkriege hätten eine wichtige Rolle gespielt, da die Türken nach dem Rückzug von Wien als "die personifizierten Muslime gesehen wurden.
Sinnlicher Orient
Die Exotik des Orients, gepaart mit den sinnlichen Vorstellungen des Harems und roher, unzivilisierter Gewalt: Dieses Bild wurde im Westen nach den Worten von Peter Heine zum Beispiel auch durch Opern transportiert. Als Beispiel hiefür nennt er "Die Entführung aus dem Serail:
"Wenn Sie sich die Stereotypen in den Figuren anschauen, so ist der Prototyp des wankelmütigen, gewalttätigen Muslims der Osmin. Auch wenn er am Schluss einstimmt in 'Nie werde ich Deine Huld vergessen', so bleibt er doch der rachsüchtige, böse Türke.
Romantisierung des Orients
Parallel mit der Verbreitung vom Bild des unzivilisierten, barbarischen Orients, beziehungsweise vielmehr einer orientalischen Fantasiewelt, gab es auch eine Romantisierung eben dieser Kultur. Peter Heine, Professor für Islamwissenschaft des nicht-arabischen Raumes an der Humboldt-Universität in Berlin nennt als Beispiel Goethes "West-Östlichen Diwan und Lessings "Ringparabel.
Der Orient werde romantisiert und zum Fluchtpunkt für Kulturverdrossene, meint Heine und zitiert Gottfried Keller: "Und bin ich des Griechischen müde, dann lockt mich die Moschee; ich kleide in maurische Schnörkel mein abendländisches Weh.
Diffuse Ängste und Überlegenheitsgefühl
Vieles hat sich seit dieser Zeit geändert. Insbesonders seit dem 11. September 2001 sind im Westen diffuse Ängste und Vorurteile gegenüber dem Islam gewachsen. Am Überlegenheitsgefühl des Westens hätte sich bis heute nichts geändert, meint Peter Heine:
"Wir halten uns ja selber immer für die Besten. Demokratie, wie wir sie haben, ist richtig, unsere Definition von Familie ist richtig u.s.w. Und es gibt ja auch nichts Tolleres, als seine Vorurteile bestätigt zu bekommen. Je mehr wir mit fremden Kulturen konfrontiert werden, desto mehr brauchen wir auch unsere Vorurteile, um mit diesen Begegnungen zurecht zu kommen.
Nur vermehrtes Wissen über die Kultur und Religon des jeweils anderen könne diese Vorurteile und Ängste langfristig ausräumen, betont der Islamwissenschafter Peter Heine.
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Hör-Tipp
Imago, Samstag, 6. Jänner 2007, 0:08 Uhr
Buch-Tipp
Samuel Phillips Huntington, "Clash of Civilizations", Verlag Simon & Schuster, ISBN 074323149X
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