Saisoneröffnung in Mailand
Alagna und das Komplott
Roberto Alagna witterte einen "Komplott gegen mich an der Scala": Der Tenor wurde während einer "Aida"-Aufführung in Mailand ausgebuht und verließ darauf erbost die Bühne. Österreich 1 sendete die vor dem Skandal aufgezeichnete Saisoneröffnung.
8. April 2017, 21:58
Roberto Alagna: "Celeste Aida"
Tenor Roberto Alagna schaffte es in die internationalen Schlagzeilen. Nicht dank seiner Stimme, sondern dank eines frühzeitigen Abgangs. Der 43-Jährige hatte während einer "Aida"-Aufführung wütend die Bühne der Mailänder Scala verlassen, nachdem er vom Publikum Pfiffe und Buhrufe nach der Arie "Celeste Aida" einstecken musste.
"Ich habe auf der ganzen Welt gesungen und habe auf der ganzen Welt Erfolg gehabt, aber so etwas wie heute Abend habe ich noch nie erlebt", sagte Alagna anschließend. Als die verstörten Zuschauer nach dem plötzlichen Abgang mit aufgebrachten "Schande! Schande"-Rufen reagierten, betrat Alagnas Stellvertreter Antonello Palombi die Bühne des ehrwürdigen Hauses - zunächst in Jeans und Hemd. Erst in der Pause habe er Zeit gefunden, sich das Bühnenkostüm anzuziehen.
Prunkinszenierung ohne Cover?
Fast in allen Presseberichten wurde Alagna der Schuld am dem Eklat gegeben. Andere Stimmen machen das Management der Scala für den Skandal verantwortlich. Dass ein Ersatzsänger ohne Kostüm und Maske auf die Bühne geschoben wird, das hat jedenfalls Einmaligkeitswert. Noch dazu in einer solchen Prunkinszenierung, wie sie Zeffirelli erwartungsgemäß abgeliefert hat.
"Roberto Alagna jetzt als Sündebock darzustellen, scheint mit ausgesprochen unfair", so Ö1 Opernexperte Gottfried Cervenka. "Er bot am Premierenabend eine durchaus ansprechende Leistung." Nachprüfen kann man das am Samstag: Österreich 1 sendet die drei Tage vor dem Skandalabend aufgezeichnete Aufführung - mit Alagna.
Kein Verständnis bei Dirigent und Regisseur
Dirigent Riccardo Chailly konnte kaum fassen, was in der ersten Folgeaufführung nach der Premiere passiert war: "Ich bin schon viele Jahre an der Scala, aber so was hat es noch nie gegeben."
Regisseur Franco Zeffirelli, der mit seiner Inszenierung zur Saisoneröffnung der Scala großen Erfolg geerntet hat, kritisierte den Tenor via "Corriere della Sera": "Was Alagna getan hat, ist eine riesige Verrücktheit. Man kann ihn nicht verteidigen."
Großes Presseecho
Der Mailänder Skandal hatte großes Presseecho ausgelöst - auch angeheizt durch den Italo-Franzosen Alagna. Als ihn das Opernhaus an keinem Abend mehr hören wollte, gab er vor der Scala eine medienwirksame Privatvorstellung, bei der der Verschmähte aus Puccinis "Madame Butterfly" sang.
Alagna selbst sah sich als Oper einer Verschwörung, mit der man seiner Ansicht nach seinen Kollegen Antonello Palombi fördern wollte. "Ich leide an Hypoglykämie und war sehr gespannt. Als ich all diese Pfiffe gehört habe, war es, als würde mir der Boden unter den Beinen fehlen. Es hätte genügt, wenn das Orchester fünf Minuten Pause gemacht hätte, um mir Zeit zu geben ein Glas Wasser und Zucker zu trinken. Nein, der Ersatzsänger war schon bereit", betonte Alagna im italienischen Fernsehen.
"Kritik war vorbereitet"
Zur "Süddeutschen Zeitung" sagte Alagna: "Ich habe vier Nächte lang nicht geschlafen. Vier Nächte, das ist mir noch nie passiert! Ich sehe aus wie ein Leichentuch und bin todmüde. Je länger ich über den Sonntag nachdenke, desto mehr glaube ich, die Kritik an der Aufführung war vorbereitet"
Gheorghiu verteidigte Ehemann
Die Sopranistin Angela Gheorghiu verteidigte ihren Ehemann Alagna vehement: "Pfiffe sind während einer Aufführung unannehmbar. Die Verantwortlichen sollten bestraft werden."
Hör-Tipp
Giuseppe Verdi, "Aida", Samstag, 23. Dezember 2006, 19:30 Uhr
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Links
Süddeutsche Zeitung - Interview mit Roberto Alagna
Roberto Alagna
Angela Gheorghiu
Teatro alla Scala