Ein Virtuose mit Tiefgang
Znaider debütiert bei Philharmonikern
Nikolaj Znaider spielt dieses Wochenende erstmals mit den Wiener Philharmonikern. Das Brahms-Violinkonzert wurde in die virtuosen Hände des ernsthaften jungen Musikers gelegt. Das Debüt wird für eine CD-Veröffentlichung mitgeschnitten, Ö1 überträgt live.
8. April 2017, 21:58
Welch phänomenaler Geiger er ist, hat Nikolaj Znaider vor vier Jahren im Wiener Musikverein bewiesen. Über Nacht sprang er für ein Konzert mit dem Wiener Klaviertrio ein, denn Julian Rachlin musste für eine Blinddarmoperation unters Messer. Das Schumann-Klavierquintett, das Znaider noch nie zuvor öffentlich gespielt hatte, wurde zum Triumph.
Ein Beweis für die geigerischen Fähigkeiten des heute 31-Jährigen. Doch Znaider ist kein Musiker, der mit seiner Virtuosität dick aufträgt, sondern mit seiner Gabe höchst überlegt umgeht.
Philharmoniker-Debüt
An diesem Wochenende gibt Znaider im Musikverein sein Debüt mit den Wiener Philharmonikern. Unter der Leitung von Valery Gergiev spielt er Brahms' Violinkonzert. Ö1 überträgt die Matinee am Sonntag live.
Znaider wurde als Sohn polnisch-israelischer Eltern in Dänemark geboren. 1991 gewann er den Internationalen Carl-Nielsen-Wettbewerb in seinem Heimatland Dänemark.
Von Dänemark nach New York
Nach seinem ersten Erfolg in seiner Heimat ging Znaider an die angesehene Juilliard School in New York und lernte bei Dorothy DeLay.
Am Glauben an die Lehre der reinen Virtuosität hegte er bald Zweifel, wie er der Musikvereins-Zeitschrift verriet: "Ein Instrument zu beherrschen kann kein Ziel in sich sein. Im Grunde ist es nicht mehr als lesen und schreiben lernen. Ein 'sine qua non', eine Voraussetzung. Aber dann erst beginnt es!"
Neubeginn in Wien
Znaider wagte einen radikalen Neubeginn, ging von New York nach Wien zu Boris Kuschnir, der Geiger und Geigerinnen wie Julian Rachlin, Lidia Baich und Dalibor Karvay hervorgebracht hat. In Wien arbeitete er mit Kuschnir an einem neuen geigerischen Fundament. Mit Erfolg, wie er mit dem ersten Preis beim schwierigsten aller Violinwettbewerbe, dem Königin-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel, bewies.
"Er hat Stil, er hat Geschmack, und er hat eine stupende Technik", jubelte das Rono-Magazin über seine Einspielung von Prokofjews 2. Violinkonzert. Znaider reflektiert bewusst die Ausdrucksmittel, die Sprache der Musik und des Virtuosen: "Je besser und je feiner die technischen Möglichkeiten sind", sagt Znaider, "um so näher wird der Weg von dem, was man metaphysisch in sich hört, zu dem, was man wirklich von sich hören lassen kann."
Auf der Suche nach dem Gefühlsgrund
Znaider nimmt seine Aufgabe als Interpret sehr ernst, beschäftigt sich mit jedem Werk sehr intensiv. "Wenn es sich wirklich um ein Meisterwerk handelt", so Znaider zum Musikvereins-Magazin, "dann steckt hinter jeder Note eine innere Notwendigkeit. Dann bedeutet ein Crescendo nicht einfach 'zunehmend lauter' und ein Subito piano nicht einfach 'plötzlich leise'. All diese Anweisungen haben ihre Ursache in einem Gefühlsgrund. Und den muss man zu finden suchen."
Hör-Tipp
Matinee live, Sonntag, 17. Dezember 2006, 11:03 Uhr
Links
Musikverein - Interview mit Nikolaj Znaider
IMG - Nikolaj Znaider