Wissenschafts- und Bildungs-Sponsoring
Neuer Trend in der Forschungslandschaft?
Firmen-Logos werden Wissenschaftler auch in Zukunft nicht am Sakko tragen. Aber der Trend zum Wissenschafts-Sponsoring und zur Finanzierung von Lehrstühlen hat sich verstärkt. In Österreich werden mehr als drei Dutzend Professuren extern finanziert.
8. April 2017, 21:58
Nach einer Studie der deutschen Sponsoring-Agentur Pleon setzt fast die Hälfte der großen Unternehmen Wissenschafts-Sponsoring ein - Tendenz stark steigend. Innerhalb eines Jahres hat sich die Bereitschaft zur Bildungs- und Wissenschaftsfinanzierung verdoppelt. Ein auf den ersten Blick sehr imposanter Zuwachs. Die Summen dahinter sind allerdings sehr klein.
So investieren die Firmen nach der Pleon-Studie nur etwa ein Zehntel des Sponsoring-Budgets in den Wissenschaftsbereich. Damit sind nicht bezahlte Forschungsaufträge gemeint, sondern Zuwendungen, über die eine Universität relativ frei verfügen kann.
Große Versprechungen, kleine Taten
Dass die Lippenbekenntnisse zumindest in Österreich oft größer sind als die Taten, zeigen die Finanzierungszusagen rund um die so genannte "Eliteuniversität", derzeit ISTA -"Institute for Advanced Studies".
Bundeskanzler Schüssel stellte am Beginn der Diskussion 30 Millionen Euro von Seiten der Industriellen-Vereinigung in Aussicht. Jetzt will sich IV-Präsident Veit Sorger nicht mehr auf einen Betrag festlegen. Es wurde zwar eine Stiftung eingerichtet, die Gelder für das ISTA sammeln soll, aber zur Summe heißt es nur: Sie soll substanziell sein.
Ausbildung sichert Lebensstandard
Österreichs größter Wissenschaftsmäzen im engeren Sinn - und momentan einer der wenigen überhaupt - ist Hannes Androsch. Er hat eine Stiftung zu Gunsten der Akademie der Wissenschaften eingerichtet, die bis zum Jahr 2012 mit zehn Millionen Euro dotiert sein wird.
Diese Stiftung soll Forschungen zum Thema "Arbeit und Festigung des sozialen Ausgleichs und Friedens" fördern. Seine Begründung: Wissenschaft und Bildung seien in Österreich notorisch unterfinanziert: "Aber genau die Ausbildung ist es, die uns auch in Zukunft einen hohen Lebensstandard und hohe Löhne sichern kann", so Androsch.
Spendenkultur außerhalb Europas
Geht man etwa über das Gelände des Weizmann-Institutes in Israel oder durch amerikanische Universitäten, zeigt sich eine ganz andere Spendenkultur. Dort findet man immer wieder Bronzetafeln mit den Namen von Spendern, die ein ganzes Gebäude finanziert oder die Geräte eines Institutes gekauft haben - ohne deswegen in die Forschung einzugreifen.
Für Friedrich Faulhammer, Sektionschef im Bildungsministerium, hat die Spendenunwilligkeit hierzulande auch mit der mitteleuropäischen Tradition zu tun, wonach die öffentliche Hand die Bildung finanziert. Während Forschungs-Aufträge von Unternehmen an Firmen steuerlich begünstigt sind, ist die Einrichtung einer Stiftung zum Wohle der Wissenschaft steuerlich nicht einfach absetzbar.
Stiftungsprofessuren
In Österreich werden rund drei Dutzend Lehrstühle fremdfinanziert. So gibt es etwa einen Lehrstuhl für "Europäische Sicherheitspolitik" in Innsbruck, den das Bundesministerium für Landesverteidigung bezahlt. In Salzburg finanzieren die Austrian Research Centers eine Professur für Angewandte Geoinformatik. In Wien zahlt eine Immobilien-Privatstiftung für eine Stiftungsprofessur "Projektentwicklung und Projektmanagement", um nur einige zu nennen.
Der Kärntner Wirtschaftsförderungsfond sponsert gleich acht Lehrstühle an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Ab 600.000 Euro pro Jahr könne man einen ganz neuen Lehrstuhl finanzieren, meint dazu Vizerektor Martin Gerzabek von der Universität für Bodenkultur. Kann man die Professur an bestehende Labors anbinden, gehts auch billiger.
Teure Bildung
Vor allem die Grundlagenforschung, wie sie vorwiegend Universitäten leisten, beansprucht gern die Freiheit der Wissenschaft für sich. Ist diese Freiheit auch noch gewährleistet, wenn nicht die Allgemeinheit für die Forschung bezahlt, sondern Private oder gar Interessensvertretungen? Wenn man die Verträge entsprechend gestalte, sei das kein Problem, meint Gerzabek.
Durch den Rückzug des Staates aus der Bildungsfinanzierung würden private Gelder immer mehr zur Notwendigkeit für das Bildungssystem werden, betont Sektionschef Friedrich Faulhammer. Eine möglicherweise nicht besonders positive Entwicklung, die zu tieferen sozialen Gräben führen könnte - weil Bildung dadurch auch immer teurer wird.
Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 12. Dezember 2006, 19:05 Uhr
Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich PLEON-Studie