Seltsame Schwesternbeziehung

Das Wasser, in dem wir schlafen

Im Debütroman von Rabea Edel geht es um eine nicht ganz einfache Schwesternbeziehung. Die deutsche Autorin, die gerade mal 23 Jahre alt ist, erzählt ihre Geschichte auf eine bemerkenswert klarsichtige und zugleich behutsame Art und Weise.

Um eine nicht ganz einfache Schwesternbeziehung geht es im Debütroman der jungen deutschen Autorin Rabea Edel - eine Schwesternbeziehung, die aus der Sicht einer namenlosen Erzählerin geschildert wird. Schon bei Linas Zeugung auf einem Autobahnrastplatz spielt diese Erzählerin die Rolle der Beobachterin.

Linas Geburt markiert in der Familie einen Wendepunkt: Die Mutter zieht sich immer mehr zurück und verlässt schließlich Mann und Kinder; die beiden Mädchen wachsen beim Vater und dessen neuer Lebensgefährtin auf. Schon in der Kindheit zeigt sich Linas Dominanz - sie ist es, die die Dinge in Bewegung bringt, die etwa eine Katze aus dem Fenster wirft, um zu sehen, ob das Tier wirklich neun Leben hat.

Ambivalentes Verhältnis

Das Verhältnis zwischen den Schwestern ist ambivalent, schwankt zwischen Freiheitsdrang und allzu großer, fast ungesunder Nähe. Die beiden teilen sich den Vater und dessen Lebensgefährtin, ebenso wie sie sich später im Erwachsenenalter ihren Liebhaber Gregor teilen.

All das erzählt Rabea Edel auf eine bemerkenswert klarsichtige und zugleich behutsame Art und Weise - überraschend für eine Autorin, die gerade mal 23 Jahre alt ist. Ihre Lina ist nicht immer sympathisch, aber durch und durch glaubwürdig, als Schwester, die versucht, ihre Grenzen auszuloten und dabei wenig an andere denkt: "Sie ist eine Person, die sich über die Extreme definiert, die sehr viel aufs Spiel setzt und die keine Rücksicht nimmt, weder auf sich selbst noch auf andere", sagt die Autorin über ihre Protagonistin. Zur tragischen Person wird Lina vor allem am Ende, als sie im Wasser treibend aufgefunden wird.

Fein ziselierte Sprache

Autobiografische Ansätze sucht man in Rabea Edels Debütroman vergeblich, die Beziehung zu ihrer eigenen Schwester sei vollkommen anders, versichert sie und darüber kann man sich für sie nur freuen. Ihr Buch hingegen ist eher düster, getragen von einem manchmal grimmigen Humor und einer fein ziselierten und poetischen Sprache.

Der Roman balanciert auf beeindruckende Weise an der Grenze zwischen Traum und Realität und nimmt manchmal beinahe surrealistische Züge an, bevor er wieder in die vertraute Wirklichkeit zurückkehrt.

Neue Stimme der Literatur

Drei Jahre hat Rabea Edel an ihrem Erstling geschrieben, neben ihrem Studium in Italien. Oft habe sie die Nächte durchgearbeitet, sagt sie - und umso glücklicher ist sie nun über die Veröffentlichung: "Es fühlt sich gut an, dass ich die Geschichte zu Ende erzählt habe, die ich erzählen wollte."

Inzwischen schreibt Rabea Edel bereits an ihrem zweiten Roman, der ganz anders werden soll als der erste. Unter Druck setzen lässt sie sich dabei nicht - auch wenn sie sich mit ihrem Debütwerk durchaus als neue und interessante Stimme in der deutschsprachigen Literatur präsentiert hat.

Hör-Tipp
Ex libris, jeden Sonntag, 18:15 Uhr

Download-Tipp
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Buch-Tipp
Rabea Edel, "Das Wasser, in dem wir schlafen”, Luchterhand Verlag 2006, ISBN 3630872247