Drei Premieren zum Auftakt

Neue Ära am Schauspielhaus Graz

Mit dieser Saison hat Anna Badora die Leitung des Schauspielhauses Graz übernommen. Neben dem Klassiker "Medea" stehen noch zwei Uraufführungen auf ihrem ersten Spielplan. In allen drei Stücke geht es um den Umgang mit dem "Fremden".

"Man muss immer wieder über den Tellerrand gucken."

Am Schauspielhaus Graz ist eine neue Ära angebrochen. Mit dieser Spielzeit hat Anna Badora die Leitung des Hauses übernommen und gleich mit drei Premieren einen "Paukenschlag" gesetzt: eine eigene Inszenierung, Grillparzers "Medea" im Großen Haus, die Uraufführung des Stückes "Ostmark" von Andrzej Stasiuk auf der Probebühne und die Uraufführung von "Tzap-Tzarap" von Nicoleta Esinencu auf der Ebene 3.

Mit diesen drei Premieren hat Anna Badora sozusagen ihre Visitenkarte für das Grazer Publikum abgegeben. Im Interview mit Maria Rennhofer spricht Anna Badora über ihre Pläne für die kommenden fünf Jahre ihrer Intendanz.

Maria Rennhofer: Frau Badora, sind die drei Premieren Richtung weisend ist für das, was Sie in den nächsten fünf Jahren in Graz vorhaben?
Anna Badora: Natürlich spiegeln sich schon in der Auswahl dieser Stücke unsere Absichten in Bezug auf die Theaterarbeit in Graz. In allen drei Stücken geht es um den Umgang mit dem Fremden, in dem Stück von Stasiuk sogar um die Gastarbeiterproblematik, aber keines der Stück ist von vornherein ein realistisches, sozialpolitisches Stück. Wir suchten auch nach tollen poetischen Formen, sowohl in der Auswahl der Texte wie in unserer eigenen Arbeit.

Auf der einen Seite gibt es die realitätsbezogene, politische Ebene der Stücke, und auf der anderen Seite die mythische, mythologische, poetische Überhöhung eines Themas.
Auf jeden Fall. Dazu gehört auch die Suche nach bestimmten Regieansätzen, Regiehandschriften, einen ästhetischer Ansatz. Wir haben vor allem auf der Probebühne, aber auch im Großen Haus sehr viele Uraufführungen, die sich natürlich mit heutigen Themen beschäftigen, auch wenn diese Themen oft im privaten Bereich liegen wie Familie, Beziehung oder eine Firma. Das schlägt sich auch in der Wahl der Regisseure nieder. Wir haben für die Probebühne sehr viele junge Regisseure, die sehr intensiv auf der Suche nach eigenen Handschriften sind, nach dem Umgang mit den Schauspielern, nach neuen Weltanschauungen oder nach eigenen Blickwinkeln.

Sie haben bei diesen drei Eröffnungspremieren sicher nicht zufällig ein Stück eines polnischen Autors und ein Stück einer moldawischen Autorin gewählt. Sie selbst kommen aus Polen. Heißt das, dass sie in Zukunft vorhaben, das osteuropäische Theater und dessen Reichtum, der im Westen eigentlich noch immer viel zu wenig ausgeschöpft wird, ein bisschen zu betonen?
Ich habe auch in meiner beruflichen Vergangenheit großen Wert darauf gelegt, dass wir in unserer Theaterarbeit über den Tellerrand gucken, das heißt uns auch für das internationales Theater öffnen. Aber schon auf Grund der Lage hier in Graz ist es ganz klar, dass wir uns mit ost- und südeuropäischen Autoren und Theaterszenen beschäftigen werden.

Als Intendantin des Schauspielhauses Graz haben Sie einen Mittelweg gefunden zwischen Kontinuität von ihrem Vorgänger Matthias Fontheim und Neuem. Wonach haben Sie das austariert?
Erst einmal halte ich nichts davon, dass man sagt, ich mache alles neu, mein Vorgänger hat alles falsch gemacht. Das stimmt nie, und gerade hier in Graz stimmt es schon gar nicht. Mein Vorgänger Matthias Fontheim hat wunderbare Arbeit geleistet, es ist ihm gelungen, junges Publikum ins Haus zu kriegen. Unabhängig von ästhetischen oder inhaltlichen Ansätzen versuchte ich das, was ich toll bei ihm fand, zu übernehmen und vielleicht fortzusetzen, vielleicht auf meine Art und Weise, mit anderen Akzenten, aber immer von dieser Basis aus. Dazu gehörte auch, dass ich einige Schauspieler und Regisseure übernommen habe.

In dieser Spielzeit gibt es ein relativ breites Programm von Molière bis zu einer Franzobel-Uraufführung, Shakespeare, Turrini und vieles mehr. Was haben Sie in den nächsten Saisonen vor, was wollen Sie in Ihrer jetzt auf fünf Jahre konzipierten Vertragszeit bewirken?
Eine Kontinuität sowohl mit Autoren als auch mit Regisseuren, mit den Schauspielern ist Hauptbedingung. Ich halte nichts von dieser Wegwerfmentalität, die nur auf große Erfolge aus ist und in dem Moment, wo einem Mitarbeiter - Autor oder Regisseur - etwas nicht gelingt, sich sofort von dieser Person distanziert. Das klingt selbstverständlich, ist aber nicht so.

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Veranstaltungs-Tipps
Franz Grillparzer, "Medea", Andrzej Stasiuk, "Ostmark", Nicoleta Esinencu, "Tzap-Tzarap", seit 27. September 2006, Schauspielhaus Graz,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent)

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Schauspielhaus Graz