Neue Medien als Konkurrenz zur alten Schule

Kleine Helden - große Nöte

Junge Männer sind unter Druck geraten, in ihrer Geschlechterrolle und im Bildungsbereich. Parallel zur Auseinandersetzung über die Gesamtschule fordern Fachleute auch eine Diskussion über die Benachteiligung von Buben im Bildungssystem.

Unter den Buben gibt es mehr Schulversager als unter den Mädchen. Die krankhafte Hyperaktivität bei Buben ist massiv gestiegen. Die Medien sind voll von männlichen Gewalttaten. Immer mehr jungen Männern fehlt der wichtigste Identifikationsfaktor: die Arbeit. Auch gesundheitlich schneiden Buben schlecht ab. Mädchen werden seit Jahren durch spezielle Programme wie zum Beispiel den Girls' Day gefördert. Manche Experten fordern Ähnliches für Buben.

Der Kinder- und Jugendpsychologe Wolfgang Bergmann aus Hannover, selber Vater von drei Kindern, sieht einen wichtigen Grund für die Not der Buben in der Faszination durch die neuen Medien. Buben seien stärker als Mädchen fasziniert von der Rasanz der Bilder und gelangweilt vom traditionell langsamen Vorgehen in der Schule, sagt Bergmann.

Zahl der hyperaktiven Buben steigt

Eines der auffallendsten Probleme bei Buben ist die Hyperaktivität. Glaubt man den Statistiken hat die Hyperaktivität das Ausmaß einer Epidemie angenommen. Die Zahl der hyperaktiven Kinder ist in den letzten 20 Jahren um 20 Prozent gestiegen Ungefähr 80 Prozent aller Zappelphilippe sind männlich.

Umstrittenes Ritalin

Kinderärzte oder Kinderpsychiater wissen meistens nicht anders gegen Hyperaktivität zu helfen als durch die langjährige Verschreibung von Medikamenten. Bergmann nennt das einen Skandal, denn Medikamente wie Ritalin greifen massiv in den Stoffwechsel und damit in die Entwicklung ein.

Als Therapie für Zappelphilippe setzt der ehemalige Schulrebell Bergmann auf Ordnung und "gute Autorität". Darunter versteht er nicht strenge Disziplin, sondern Halt. Nach dem Motto: Wir können gemeinsam Pferde stehlen, aber es gibt klare Regeln.

Keine Soft Skills - kein Job

Schule und Buben - das war nie eine einfache Kombination, aber im Unterschied zu früher ist heute ohne Schulerfolg der Zugang zur Arbeitswelt fast aussichtslos, auch zu einfachen Industriejobs, zu so genannten Schaufelberufen.

Manche Pädagogen wie der Hamburger Gesamtschullehrer und Autor Frank Beuster sprechen von einer Katastrophe. Buben scheitern in der Arbeitswelt aber nicht nur aus Mangel an fachlichen Kompetenzen, sondern oft auch deshalb, weil ihnen die immer stärker geforderten Soft Skills wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit oder Kommunikationsfähigkeit fehlen.

Reale männliche Vorbilder fehlen

Den meisten männlichen Jugendlichen fehlen positive männliche Vorbilder. Genau die würden sie aber brauchen. Mit dem Projekt "Paten machen Jungen patent" versucht Beuster das Manko mit Ersatz-Vätern auszugleichen. Auch als Gegengewicht zur Übermacht der Frauen im Erziehungs- und Schulbereich.

Leseunterricht auf Mädchen zugeschnitten

Von manchen Seiten kommt der Ruf nach spezieller Bubenförderung in bestimmten Schulfächern, wie zum Beispiel im Leseunterricht der Volksschule. Die Interessen der Buben müssten mehr berücksichtigt werden. Analysen haben ergeben, dass der Lesestoff auf die Mädchen zugeschnitten ist und das vergrault vielen Schülern das Lesen.

Verein gegen Benachteiligung von Männern und Buben

Bruno Köhler, der jugendpolitische Sprecher des Vereins Manndat, Geschlechterpoltische Initiative, in Stuttgart ist von der Benachteiligung der Buben im Bildungsbereich überzeugt.

Mit dem 2004 gegründeten Verein Manndat soll öffentlich darauf aufmerksam gemacht werden, um Verbesserungen zu erreichen. Köhler hat in Schulbüchern Beispiele für politische Unkorrektheiten gegenüber Buben gefunden wie sie für Mädchen undenkbar wären.

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Salzburger Nachtstudio, Mittwoch, 27. Juni 2007, 21:01 Uhr