Mythos und Technologie

Zeitmaschinen

"Zeitreisen sind möglich!" verspricht das deutsche Journalisten-Duo Falko Blask und Ariane Windhorst und liefert in seinem neuen Buch "Zeitmaschinen" erstmals einen umfassenden Überblick über Mythos und Technologie dieses uralten Menschheitstraums.

Sie ähnelte zwar eher dem Fahrrad eines frühen psychedelisch angehauchten Aussteigers als der bedeutendsten Erfindung der Menschheit und über ihre Funktionstüchtigkeit lässt sich nicht einmal streiten, aber H. G. Wells' Originalzeitmaschine konnte zumindest eine phänomenale Wirkung hinterlassen. Sie hat das Genre der Science-Fiction-Literatur auf eine Weise beschleunigt, wie es kaum einer anderen literarischen Vision je gelang.

Seit Herbert George Wells Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinem Roman "Die Zeitmaschine" das Diktat der uns stetig mit sich schleppenden Zeit durchbrach, donnern Helden der utopischen Literatur mit allen möglichen Vehikeln vorwärts und rückwärts durch die Zeit, um dort hauptsächlich heillose Verwirrung zu stiften.

Zeitreisen in Film und Fernsehen

Neben unzähligen Filmen wie zum Beispiel "Zurück in die Zukunft" scheinen vor allem Fernsehserien das Phänomen Zeitreise besonders gern als Rahmen für fortgesetzte Abenteuer einzusetzen. "Time Tunnel", "Quantum Leap", "Sliders", "Seven Days" und natürlich "Stargate" setzen auf spannende Odysseen durch Raum und Zeit.

Ein wenig überraschend fällt für die Autoren auch das "Raumschiff Enterprise" in diese Kategorie, denn - so deren Schluss - das Raumschiff sei auch ein Zeitschiff. Einsteins Relativitätstheorie gibt ihnen recht: Die Zeit eines sich schnell bewegenden Objektes vergeht für den ruhenden Beobachter anders als für den im Raumschiff bewegten Beobachter. Da sich im Bereich der Lichtgeschwindigkeit die Masse von Captain Kirks Raumschiff ins Unendliche steigern würde, bedient man sich einer raffinierten Methode. Anstatt das Schiff zu beschleunigen, verbiegt der phänomenale Warp-Antrieb den Raum. Vor dem Raumschiff wird er komprimiert, dahinter gedehnt.

Luzides Träumen

In den eigenen vier Wänden befindet sich ebenfalls eine Zeitmaschine, die auf Knopfdruck eine billige Flucht aus dem Hier und Jetzt ermöglicht: Der Fernseh-Apparat ist das real existierende mattschwarze Wurmloch zu unendlich vielen anderen Universen. Der Geist springt in die Kiste und darin von einer Welt zur nächsten, bis der Schlaf dem heiteren Treiben ein Ende macht.

Doch das muss nicht sein, meint Mental-Coach Fred Dodson. Er hat eine Technik entwickelt, mit der das Bewusstsein mit Hilfe luziden Träumens durch die Zeit reisen kann. In einem Interview erklärt er die Vorgehensweise:

"Ich entscheide mich beispielsweise für Ägypten. Ich fokussiere Ägypten mental, spreche darüber, fühle Ägypten, versuche darüber zu träumen. Ich möchte wissen, wie die Pyramiden gebaut wurden. Dann sollte man sich so sehr mit der Frage synchronisieren, dass man die Antwort erfährt. Das ist die ganze Technik."

Zirkulierende Lichtschleifen

Dass sich viele bei ihren höchst privaten Zeitreisen nicht auf ihre Konzentrationsfähigkeit verlassen wollten, beweisen die Kapitel über LSD, Meskalin, halluzinogene Pilze oder die Erlebnisse von Aldous Huxley und Timothy Leary. Auch die beschriebenen Abstecher zu Rollenspielen in vergangenen Zeiten oder etwa ein Ausflug zu den Amish People dürfen durchaus in den erweiterten Kreis von Zeitreisen aufgenommen werden, doch die wirklich spannenden Fortschritte erwartet man vor allem von der Physik.

Für Ronald Mallett von der Universität Connecticut sind zirkulierende geschlossene Lichtschleifen die Lösung. Hat man einen Ring und lässt darin zwei Laserstrahlen gegeneinander laufen, so dass bei ihrem Zusammentreffen durch ihre Energie eine Raum-Zeit-Krümmung verursacht wird, entsteht ein "Eingang", um in der Zeit herumzuwandern. Vergangenheit und Gegenwart treffen hier aufeinander. Während der Discovery Channel schon jubelte: "The World's First Time Machine", zweifelt der Großteil der Kollegenschaft noch an der Durchführbarkeit.

Russische Teleportationskugel

Auch Experimente mit so genannten superluminalen Tunneln, durch die Informationen mit Überlichtgeschwindigkeit geschickt werden, sodass es scheint, als würden sie früher ankommen, als sie überhaupt weggingen, geben Anlass zur Hoffnung.

Der russische Forscher Vadim Chernobrov behauptet mit seinen Zeitmaschinen Menschen teleportiert zu haben. Die hohle Kugel mit einem Durchmesser von circa einem Meter arbeite nach der These, dass die Raumzeit durch elektromagnetische Felder beeinflusst werden kann. Die Zeit ließe sich damit um 1,5 Sekunden pro Stunde verlangsamen oder um 0,5 Sekunden beschleunigen. Wenn's stimmt, nicht schlecht für den Anfang.

Fantasie wird Theorie

Das vorliegende Buch macht deutlich, dass die moderne Physik inzwischen so viele Merkwürdigkeiten, Sonderfälle und ungeklärte Phänomene enthält, dass viele alles für möglich halten. Die Theorien in die Praxis umzusetzen, fehlt es meist an Energie und Möglichkeiten, diese zu beherrschen.

So lange die Reise durch künstliche Wurmlöcher oder via Superstrings noch nicht funktioniert, kann man sich ja weiterhin mit dem ohnehin überaus spannenden philosophischen Hintergrund beschäftigen. Das Buch "Zeitmaschinen" darf als Einstieg empfohlen werden.

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Buch-Tipp
Falko Blask und Ariane Windhorst, "Zeitmaschinen. Mythos und Technologie eines Menschheitstraums", Atmosphären Verlag, ISBN 3865330207