Ein neutraler Dritter vermittelt in Konfliktfällen

Miteinander statt Gegeneinander am Bau

Konflikte sind am Bau Teil des Alltags. Es streiten sich Bauherr, Architekt, ausführende Firmen, Anrainer und Nachbarn unter großem Zeit- und Kostendruck. Als Alternative zu Gerichtsverfahren beginnt sich die Mediation am Bau zu etablieren.

Der Umbau des Wiener Flughafens ist das "prominenteste“ und größte Mediationsverfahren Europas, bei dem zahlreiche Parteien involviert sind: Auftraggeber, Baufirmen, Anrainer, Ausführende und Umweltschützer. Es geht um die Auswirkungen des verstärkten Flugverkehrs, gesundheitliche Fragen, Fluglärm, Flugrouten, Natur- und Umweltschutz - eine Vielfalt von Interessen, die zusammengeführt werden sollen.

Klar strukturierter Kommunikationsprozess

Im Gasteiner Tal und beim Wiener U-Bahnbau kam Mediation zum Einsatz, ebenso bei Umbauten, Honorarstreitigkeiten, Mängeln und Renovierungen im Kleinen. Der Mediator arbeitet die Ansichten und Bedürfnisse der Parteien heraus, sodass diese eigenverantwortlich eine Konfliktlösung entwickeln können, die dauerhaft ist. Auch strukturell werden Änderungen deutlich, da Mediation immer häufiger vertraglich festgelegt wird, für den Fall eines Konfliktes vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Nervenstärke, Menschenkenntnis und Zuhören sind Eigenschaften, die ein Mediator mitbringen sollte, meint die Mediatorin Christa Hausmann. "Da kommt es zu großen Eskalationen und manchmal muss man den Parteien die Möglichkeit geben, sich auszuschreien. Manchmal passiert es aber auch, dass keiner etwas sagt und diese Ruhe muss man zulassen.“

Christa Hausmann und Stefan Koschatko arbeiten als Co-Mediatoren: während der eine die Mediation leitet, beobachtet der andere das Geschehen und greift ein, wenn ein Teilnehmer das Thema verlässt. "Der Beruf ist spannend und erfüllend“, sagt Stefan Koschatko, "es ist aber nicht leicht, immer neutral und allparteilich zu bleiben“.

Miteinander statt Gegeneinander
Die Mediatoren haben sich ein besonderes "Setting“ aufgebaut, in dem die Gespräche stattfinden: um einen runden Tisch sitzen die Parteien in gleichem Abstand nebeneinander und gegenüber. Mediatoren unterliegen der Schweigepflicht, weshalb die Klienten in den Sitzungen offen sprechen und auch "Geheimnisse“ preisgeben können, die sie vor Gericht unter Umständen nicht äußern würden. In Mediationsprotokollen werden nur Stichworte und der Stand des Verfahrens festgehalten.

"Die Idealform wäre, wenn Menschen gelernt haben, dass es ein Miteinander gibt, das wir uns gegenseitig akzeptieren, die Bedürfnisse der anderen wahrnehmen und aktiv zuhören um ein Problem zu erfassen“, meint Thomas Prigl, Leiter und Geschäftsführer der BAUAkademie Wien und des Lehrbauhofes Ost. "Es ist dann kein Dritter nötig, wenn Sie diese Fähigkeiten beherrschen und den Vorteil darin sehen, das ist eine Lebenseinstellung“.

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung "Momente" zum Thema Mediatoren am Bau" vom Donnerstag, 6. September 2006, 17:09 Uhr nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipps
Jürgen Sattmann und Christoph Kothbauer (Hrsg.), "Wie man aus Streithähnen Gewinner macht. Immobilien- und Baumediation für Praktiker", Akademie der Immobilienmediatoren, ISBN 3200002824

Thomas Flucher, Bernd Kochendörfer, Ursula von Minckwitz, Markus G. Viering (Hrsg.): "Mediation im Bauwesen“, Verlag Ernst & Sohn, ISBN 3433014736

Links
BM für Justiz - In Österreich anerkannte Mediatoren
Mediatoren Koschatko und Hausmann
Bauakademie Wien