Nachtrag aus Alpbach

Die Macht von Powerpoint

Bei den Technologiegesprächen des Forums Alpbach ist es vergangene Woche nicht nur um Technologie gegangen. Auch Kultur wurde geboten, zum Beispiel Esskultur. Aber auch die Kultur der Powerpoint-Präsentation, die uns mehr trennt als verbindet.

Gegründet wurde das Europäische Forum Alpbach vor über 60 Jahren. Molden, Popper, Hayek und andere sorgten dafür, dass man das Tiroler Bergbauerndorf nicht nur als "schönstes Blumendorf Europas" kennt, wie sich Alpbach selbst gerne bezeichnet.

Damals wie heute ist es vor allem ein Ort der Begegnung. Bei den Technologiegesprächen vergangene Woche begegneten einander Nobelpreisträger und Normalsterbliche bei Plenardiskussionen, Arbeitskreisen und Seminaren. Und wer Hunger hatte, am Buffet.

Erst kommt das Fressen ...

Alpbach ist ein guter Platz, um Hunger zu stillen. Am Vormittag gibt es den Brunch eines Bundeslandes, am frühen Abend die Weinverkostung einer Forschungsinstitution, am Abend den Empfang eines Telekommunikationsbetreibers.

Überall anwesend ein Gemisch von - vorrangig osteuropäischen - Studierenden, Wissenschaftlern, Politikern und Bürokraten, die zeigen, dass wir nicht erst in der letzten Stunde alle gleich sind, sondern schon beim Bieranstellen vor dem Tresen.

Es bewahrheitet sich die alte Weisheit: "Erst kommt das Fressen und dann die Nachspeise." Diese Moral ist nicht zuletzt den Sponsoren zu verdanken, die reichlich für Nachschub sorgen.

Viele Männer, dennoch lehrreich
Da die Teilnehmer der Technologiegespräche aus aller Herren Länder kamen, saßen auf den Podien der Diskussionen kaum Frauen. Aber auch von den Vorträgen der Männer konnte man einiges lernen. Und zwar nicht nur, wie das Universum und das Leben entstanden ist (so lauteten zwei Programmpunkte).

Höchst aufschlussreich war auch die Art, wie die Vorträge angelegt waren. Als Faustregel gilt: Je weiter von Österreich entfernt der Vortragende geboren ist, desto spannender, humorvoller und - man muss es sagen - besser ist die Präsentation.

Beliebtestes Werkzeug, Fluch und Segen zugleich ist dabei die Powerpoint-Präsentation. Was zur Strukturierung von Inhalten und mehr Übersicht führen soll, artet freilich gerne in ein Gewusel von Farben, Pfeilen, Bildern und neuerdings auch kleinen Videos aus.

Kultur der Powerpoint-Präsentation
Gleich welchen Inhalts drücken Powerpoint-Präsentationen immer auch kulturelle Differenzen aus. Ein indischer Vortragender beeindruckte etwa durch besonders satte und bunte Hintergrundfarben, die den Text im Vordergrund vergessen ließen.

Ganz nüchtern und sachlich hingegen seine amerikanischen Kollegen, die dafür die technischen Möglichkeiten der Software voll ausspielten. Und mit süßen sozialdarwinistischen Tier-Videos, pointiert eingesetzt zu Beginn und am Ende des Vortrags, die Lacher und Aufmerksamkeiten auf ihrer Seite hatten.

Gänzlich ohne Powerpoint kam der Wiener Erzbischof bei seinem Vortrag aus. (Aber wäre eine Messfeier mit klaren Balkendiagrammen und schlichten Aufzählungen nicht ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils?)

Zwischen Bollywood und Krems
Nicht zu vergessen der österreichische Fachhochschul-Professor, dem es gelang, bollywoodeske Farbenfrohheit mit der Ausnutzung nahezu aller Schriftarten und -fonts pro Seite zu verbinden. Von Sinnvermittlung im engeren Sinn konnte hier keine Rede mehr sein.

Dafür zeigte er sich bei der Benutzung der Fernbedienung der Präsentation äußerst kreativ und verwechselte mehrmals die Funktionen "Seite vor" mit "Laser-Zeigestab". Dadurch verhaspelte er sich nicht nur öfter im Vortrag, sondern hüllte auch seinen Laptop in das verzweifelte Rot seines Lasers.

Was zu den Technologiegesprächen, die heuer den Titel "Komplexität, Konvergenz, Gewissheit" trugen, aber irgendwie passt.

Mehr zu den Alpbacher Technologiegesprächen in oe1.ORF.at und science.ORF.at

Link
Europäisches Forum Alpbach - Technologiegespräche 2006