Von Gravitationsgesetz bis Schrödinger-Gleichung
Physik der Superhelden
Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob die außergewöhnlichen Fähigkeiten der Comic-Helden Superman, Hulk, Spiderman & Co. physikalisch überhaupt möglich sind? James Kakalios hat Erklärungen, die er in Buchform zusammengefasst hat.
8. April 2017, 21:58
Supermans Geheimnisse sind nicht länger sicher, denn der furchtlose Comic-Freak und gewiefte Physikprofessor James Kakalios hat sich in die unendlichen Weiten des Universums begeben, um herauszufinden, warum Superman wirklich so super ist oder möglicherweise wäre. Kein Mensch kann ohne Hilfe fliegen oder via Röntgenblick durch undurchsichtige Gegenstände hindurchschauen. Daher geht es vor allem um die Frage: Ist das, was Superman kann und macht, physikalisch zumindest denkbar oder reine Möchtegern-Fantasie zweier Teenager?
Superman mit Schwäche
Jerry Siegel und Joseph Shuster aus Cleveland erfanden in den späten 1930er Jahren den blau-rot gewandeten Superhelden. Anstelle eines normalen Erdenbürgers, der durch Einwirkung von außen zu übermenschlichen Kräften gelangt, kam hier erstmals ein Wesen einer fernen Welt, ausgestattet mit fremdartigen Kräften und Fähigkeiten, auf die Erde, um hier den Superhelden zu geben. Was Superman aber so einzigartig, - und für viele langweilig - macht, ist seine Unverwundbarkeit. Einzig das radioaktive Gestein Kryptonit kann ihn ins Wanken bringen. Eine nachträglich erfundene Schwäche, die auf eine ebensolche eines seiner Interpreten zurückzuführen ist.
Kryptonit wurde 1943 zum ersten Mal während der Produktion der Hörspielreihe "Adventures of Superman" eingeführt, als der völlig überarbeitete Sprecher der Rolle des Superman endlich einmal Urlaub machen wollte. Die Autoren des Hörspiels ließen sich Supermans mineralische Heimsuchung einfallen, damit ein anderer Schauspieler in die Rolle des niedergestreckten Helden schlüpfen konnte, der sich nur noch röchelnd verständigte.
Um Supermans anfängliche Fähigkeit, "hoch wie ein Haus" springen zu können, zu erklären, wendet Kakalios Newtons Gravitationsgesetz an und errechnet, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des Mannes mit dem Cape 230km/h betragen müsste, um ein 200 Meter hohes Haus zu überspringen. Ganz nebenbei kommt er zum Schluss, warum Krypton explodiert ist. Der Planet müsse einen Kern aus Neutronensternmasse gehabt haben, der zwangsläufig zu enormen Belastungen an der Oberfläche führe.
Hulks Hose wächst mit
Seit der Kernphysiker Robert Bruce Banner eine kräftige Ladung Gammastrahlung abbekam, besitzt er die Gabe, sich in den zweieinhalb Meter großen und ca. 1000 Kilo schweren jadegrünen Koloss "The Hulk" zu verwandeln. Während der Metamorphose wird seine Kleidung zerfetzt - bis auf seine lila Hose, die wie durch ein Wunder mit der Ausdehnung des Monsters mitwächst. Erklärt wird in den Marvel-Comics, dass es sich um eine Hose mit "instabilen Molekülen" handelt, die extra für die ebenfalls in ihren Körperausmaßen ständig changierenden "Fantastischen Vier" angefertigt wurde. Eine Kleidung, die mitwächst - der Traum aller Eltern mit geringerem Familienbudget.
Jeder Chemiker wird Ihnen erklären, dass "instabile Moleküle" tatsächlich existieren - es sind solche, die zerfallen, weil sie instabil sind. In Wahrheit behält der unglaubliche Hulk aber seine Hosen wegen einer Behörde an, gegen deren Macht selbst Gammastrahlung nichts ausrichten kann: die amerikanische Comic-Aufsichtsbehörde.
Spiderman mit Widerborsten
Die Autoren von "Spiderman" deuten an, die Kletterfähigkeiten des Spinnenmannes seien elektrostatischer Natur. Tausende mikroskopisch kleine, mit Widerborsten versehene Fasern sprießen aus Peter Parkers Fingern. Eine durchaus plausible Erklärung, wie die neueste Forschung zeigt. Wissenschaftler der Universität Manchester haben kürzlich die Entwicklung eines vom Gecko abgeleiteten Klebebandes präsentiert, das aus Millionen kleinen Haftfasern besteht und eine so starke Haftkraft besitzt, dass es Spiderman tragen könnte, wenn er auch nur mit einer Handfläche daran hinge.
Im Kapitel über Zentripetalbeschleunigung erfährt man übrigens auch noch, dass sich Spiderman vor Abstürzen keine Sorgen machen muss: Echte Spinnfäden haben eine Reißfestigkeit, die in etwa fünf Mal so hoch ist wie die eines Stahlkabels, das genauso viel wiegt, und ist elastischer als Nylon.
Wie unsere Welt funktioniert
Die Schrumpfung des Ant-Man, die Repulsorstrahlen des Iron-Man oder die Engelsflügeln des X-Men-Mutanten Angel, Kakalios kennt sie alle und erklärt auf humorvolle Weise ihre Stärken und Schwächen, sowie welche physikalischen Prinzipien dahinter stecken. Schon nach wenigen ausgewählt illustrierten Kapiteln denkt man sich zurück in die Schule und wünscht sich Mr. Kakalios als Physiklehrer. Weil das aber selbst Superman & Co. nicht schaffen, liest man das Buch "Physik der Superhelden" und erfährt alles Wissenswerte über die Grundlagen, wie unsere Welt funktioniert - vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik über das Ohmsche Gesetz bis zur Schrödinger-Gleichung.
Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr
Download-Tipp
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Buch-Tipp
James Kakalios, "Physik der Superhelden", aus dem Amerikanischen übersetzt von Doris Gerstner und Christoph Hahn, Verlag Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, ISBN 3807710183
Film-Tipp
"Superman Returns"
USA, 2006
Drehbuch: Michael Dougherty und Dan Harris
Regie: Bryan Singer, Mit: Brandon Routh, Kate Bosworth, Kevin Spacey, James Marsden, Parker Posey, Frank Langella u. a.
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