Eine unverwechselbare Stimme
Wolfgang Gasser, Schauspieler
"Jede Epoche ist eine entsetzliche", heißt es in Thomas Bernhards "Heldenplatz". Befragt nach seiner Biografie, verwies der im Mai 2007 verstorbene Wolfgang Gasser, der mit diesem Stück seinen größten Theatererfolg feierte, gerne auf diesen Satz.
8. April 2017, 21:58
Wolfgang Gasser über Thomas Bernhards "Auslöschung"
Wolfgang Gasser war alles andere als ein Provokateur - trotzdem löste er mit der Rolle seines Lebens in Thomas Bernhards "Heldenplatz" 1988 einen Riesenskandal aus.
"Die Reaktionen damals haben mir gezeigt, dass der Bernhard mit dem Stück ins Schwarze getroffen hat", meinte Gasser in einem Interview. "Das zeigt: Wenn etwas genau ins Schwarze trifft, dann hat es auch Gültigkeit. Ich bin überzeugt davon, dass der 'Heldenplatz' überleben wird."
Vor allem die Erinnerung an den Tonfall, mit der Gasser diese Bernhard-Rolle geprägt hat, wird überleben. Der österreichische Schauspieler und Synchronsprecher ist am 20. Mai 2007 im Alter von 79 Jahren in Wien gestorben.
150 Rollen in 50 Jahren Burgtheater
Vielseitigkeit und intellektuelle Mobilität machten Gassers Besonderheit aus. Mit Ernst und Komik, Skurrilität und Sarkasmus prägte er die großen, aber auch die kleinen Rollen seines Lebens. Insgesamt über 150 waren es, die Wolfgang Gasser in fast 50 Jahren am Wiener Burgtheater verkörpert hat. Vier Direktoren hat er hier erlebt, unter unzähligen Regisseuren gearbeitet - Claus Peymann und Jürgen Flimm, Andrea Breth oder Hans Neuenfels um nur einige zu nennen.
Denken, bevor man den Mund auftut
Seine Schauspielkarriere begann der gebürtige Kärntner an Wanderbühnen. 1959 debütierte er am Burgtheater in "Wallensteins Lager" und überzeugte in großen Grillparzer-Rollen ebenso wie in Tschechow-Stücken.
Regisseur Leopold Lindberg wurde für ihn zu einer Art Vaterfigur: "Bevor man einmal den Mund auftut, soll man denken. Das war auch etwas, das man beim Lindberg lernen konnte. Es wird sehr viel geturnt jetzt am Theater, dagegen ist ja nichts zu sagen, aber dazwischen würde ich ja auch ganz gern verstehen, um was es geht."
Obwohl er bereits vor 20 Jahren in Pension gegangen ist, blieb Gasser vielbeschäftigt. Zuletzt stand er als Ottokar von Hornek in Grillparzers "König Ottokars Glück und Ende" in der Regie von Martin Kusej auf der Bühne des Burgtheaters.
Stimme der österreichischen Literatur
Gasser wirkte auch in zahlreichen Fernsehspielen mit, etwa in "Das Dorf an der Grenze", "Ringstraßenpalais" oder "Die Erben".
Wegen seiner sonoren Stimme und dem eindringlichen Tonfall wurde er in zahlreichen Lesungen zur Stimme der österreichischen Literatur und wirkte an vielen literarischen Rundfunkprogrammen mit.
Text: Katharina Menhofer, Textbearbeitung: Ruth Halle
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Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 19. August 2007, 14:05 Uhr
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Wikipedia - Wolfgang Gasser