Freuds Erbe - Teil 4

Die Zukunft der Psychoanalyse

Sein Leben lang kämpfte Sigmund Freud um die Anerkennung der Psychoanalyse als Wissenschaft. Konfrontiert war er mit dem Vorwurf, keine wissenschaftlich exakten Begrifflichkeiten zu verwenden und nicht verifizierbare Hypothesen aufzustellen.

Heute werden Sigmund Freuds Modelle mit naturwissenschaftlichen Methoden überprüft. Denn die Psychotherapieforschung widmet der Frage: Wie wirkt Psychotherapie und warum? Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, Methoden und Instrumente zu entwickeln, die wiederholbare Aussagen zur Wirkung von Psychotherapie ermöglichen.

Der bekannteste Vertreter der Psychotherapieforschung in Deutschland ist Horst Kächele von der Universitätsklinik Ulm.

Psychoanalyse ist keine Glaubensfrage

An der Wirksamkeit der Psychotherapie ist heute kein Zweifel mehr. Gerade in der psychosomatischen Medizin ist der Zusammenhang zwischen körperlichem Leiden und seelischem Konflikt offensichtlich. Und die moderne Neurowissenschaft kann heute mit Hilfe von bildtechnischen Verfahren nachweisen, wie eine psychotherapeutische Behandlung das Gehirn verändert.

Damit gibt die Neurowissenschaft der Psychotherapie und der Psychoanalyse die Anerkennung, die Freud ein Leben lang erträumt habt: Den Beweis, dass die Psychoanalyse keine Glaubensfrage ist.

Die Borderline-Störung

Auch an der medizinischen Fakultät der Universität Wien wird die Wirkung psychoanalytischer Behandlungen in einer Langzeitstudien erforscht. Die Wiener Studie untersucht eine spezielle Behandlungstechnik: die TFP oder Transferenece Focused Psychotheraphie, die von dem US-amerikanischen Psychoanalytiker Otto F. Kernberg entwickelt wurde.

Die TFP ist auf die Behandlung von Borderline-Störung zugeschnitten. Dieser Begriff wurde von Kernberg in die Psychoanalyse eingeführt. Er war auf dieses Phänomen gestoßen, als er beobachtete, dass eine bestimmte Gruppe von Patienten nicht fähig war, die Realität differenziert zur eigenen Person in Beziehung zu setzen.

Diese Menschen unterschieden ihre Bezugspersonen ausschließlich in gut oder böse. Und noch ein weiteres Verhalten war für diese Patienten stereotyp: Sie besaßen kein ganzheitliches Bild ihrer Identität.

Transferenece Focused Psychotheraphie

Die TFP-Langzeitstudie der Klinik für Tiefenpsychologie in Wien wird gemeinsam mit einer Gruppe in München durchgeführt. Im Zeitraum von einem Jahr wird eine Gruppe von Borderline-Patienten, die mit TFP behandelt wird, mit einer Patientengruppe verglichen, die mit der traditionellen psychoanalytischen Gesprächstherapie arbeitet.

Kernberg verwendete Elemente aus Freuds Triebtheorie aber auch Melanie Kleins Objektbeziehungstheorie, um Borderlinestörungen tiefenpsychologisch zu diagnostizieren und zu behandeln. Kernberg synthetisierte unterschiedliche tiefenpsychologische Richtungen.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 25. September, bis Donnerstag, 28. September 2006, 9:05 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendereihe "Radiokolleg" (mit Ausnahme der "Musikviertelstunde") gesammelt jeweils am Donnerstag nach Ende der Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Links
Sigmund Freud Museum Wien
Freud-Institut
Wiener Psychoanalytische Vereinigung