... zumindest für Hans Peter
Die Fußball-WM ist vorbei ...
Seine Geheimfavoriten sind ausgeschieden, seinen Biervorrat hat er auch ausgetrunken. Kein Grund also, noch länger vor dem TV-Gerät herumzuhängen. Up, up and away - irgendwohin, wo nichts ist außer Sonne, Strand und Meer.
8. April 2017, 21:58
Für Hans-Peter ist die Fußball-WM schon jetzt zu Ende. Tschechien und die Elfenbeinküste, seine Geheimfavoriten sind ausgeschieden, seinen Biervorrat hat er auch ausgetrunken und ... Beckenbauer hat geheiratet.
Heute fährt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in den Urlaub - irgendwohin, wo es keinen Fernsehapparat gibt, keine Zeitungen, nichts außer Sonne, Strand und Meer. Hans-Peter reicht es!
Die Fans zum Beispiel, sagt Hans-Peter, in den Stadien lauter ahnungslose Hampelmänner und -frauen; inszenierte Ekstase wütet in ihren voll geschminkten Fratzen; hemmungslos wacheln sie mit bunten Fähnchen zum fröhlichen Event-Kasperltheater, wie Duracell-Puppen beim Batterietest.
Vor den Großbild-Leinwänden machen sie devot die Welle, in den Wirtshäusern schunkeln sich Sieger und Verlierer gemeinsam in einen diffusen Trauer- und Freudentaumel. Nichts ist mehr wie es ist. Diese WM bringt fraglos die fragwürdigen Seiten der Menschen zu Tage ...
Paul zum Beispiel, sagt Hans-Peter, Paul ist ein Freund von Hans-Peter, also Paul hat mich nach dem ersten Spiel der Brasilianer angerufen und gelästert: "Hast du den 'fetten' Ronaldo gesehen?"
So eine Fußball-WM gefährdet Freundschaften. Ich bin um einiges dicker als Ronaldo, sagt Hans-Peter, habe ich zu Paul gesagt, willst du mich damit beleidigen? "Aber schau doch, wie 'fett' der ist?" Paul hat weiter unbeirrt foul gespielt und daraufhin, sagt Hans-Peter mit resignierendem Unterton, habe ich mir einen Reiseführer gekauft.
Hubert Halbmeier zum Beispiel, sagt Hans-Peter, der ist die personifizierte Gerechtigkeit, und ein echter Fußballfan. Hubert hat selbst nie Fußball gespielt, aber er ist bei jedem Spiel meines Provinzvereines, bei dem ich zehn Jahre in der Kampfmannschaft aktiv gewesen bin, als Zuschauer dabei gewesen und ist es wahrscheinlich heute noch.
Hubert drückt seine Liebe zum Verein durch geradezu grenzenlosen Masochismus aus. Er macht das, was niemand auch nur jemals freiwillig machen würde. Er wachelt als Linienrichter bei Spielen der Reservemannschaft - eine Aufgabe mit Buhmann-Garantie, Watschendrohungen und Bierdusche.
Dazu muss man erklären, dass Spiele der Reservemannschaft (heißt umgangssprachlich auch "Revue), wo sich alte abgetakelte Haudegen, verkannte Genies und tollpatschige Nachwuchshoffnungen zum Zirkusauftritt ballesterischer Peinlichkeiten ein Stelldichein geben, dass solche Spiele meistens von einem Funktionär der heimischen Mannschaft geleitet werden. Das ist Heimvorteil mit großem Unterhaltungswert zum Gaudium des Publikums, zur "Schaum vor dem Mund"-Erregung für die gegnerischen Spieler.
Und mitten drinnen Hubert. Im privaten schwarzen Schiedsrichterdress wieselt er entlang der Linie auf und ab und zeigt mit strenger Miene jede Abseitsstellung, jedes Foul, jedes kleinste Vergehen besonders penibel bei der eigenen Mannschaft an.
"Und wer wird Weltmeister?, sagt Hans-Peter, habe ich Hubert gefragt. Hubert hat die Augen zusammengekniffen. Man hat ein starkes Bemühen bemerkt; viele Fußball-Experten sollten sich daran ein Beispiel nehmen, bis er endlich Wörter gespendet hat: "Entscheidend werden die Schiedsrichter sein!
Hast du bemerkt, sagt Hans Peter, hat Hubert zu mir gesagt, was im Spiel Australien gegen Brasilien passiert ist? Da hat der australische Mittelfeldspieler Mile Sterjovski vor dem brasilianischen Tor den Ball bekommen, ist schon am gegnerischen Verteidiger vorbei gewesen, ganz allein hätte er aufs Tor laufen können, da hat er einen Pfiff gehört und den Angriff abgebrochen - eine verschenkte Hundertprozentige. Der Schiedsricher hat nicht gepfiffen, also muss es jemand aus dem Publikum gewesen sein, also ist das eine unfaire Manipulation gewesen.
Fünf Minuten später hat Ronaldo auf der gegenüberliegenden Seite auf ähnliche Weise den Ball bekommen. Der Schiedsrichter hat Abseits gepfiffen, aber Ronaldo hat noch auf das Tor geschossen und dafür die gelbe Karte bekommen. Verstehst du? Jetzt ist es für Hans-Peter endgültig: Die WM ist vorbei.
Mehr zu den teilnehmenden Nationen in oe1.ORF.at
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