Aix en Provence feiert seinen großen Sohn

100 Jahre Cézanne in der Provence

Anlässlich des 100. Todestages Paul Cézannes wird das Musée Granet mit einer großen Cézanne-Ausstellung wieder eröffnet. Auf dem "Parcours pictural" kann man zu Motiven und zum im Originalzustand belassenen Atelier Cézannes fahren.

Als ich in Aix war, glaubte ich, ich wäre woanders glücklicher. Jetzt, wo ich hier bin, vermisse ich Aix. Wenn man dort geboren ist, dann spricht nichts anderes einen mehr an!

Das schrieb Paul Cézanne in einem Brief an Philippe Solari im Jahr 1896. Da befand er sich gerade auf dem Rückweg von einer Kur in Vichy und besuchte die Abtei von Tallerois. Trotz seiner ambivalenten Sehnsucht nach Aix en Provence verewigte er fernab der Heimat das Bild "Lac d'Annecy" und schuf somit eines seiner bemerkenswertesten Gemälde.

Lebensader Cour Mirabeau

Das Zentrum von Aix en Provence ist der Cour Mirabeau. Die Prachtstraße ist die Lebensader der Stadt. Der Cours Mirabeau war ursprünglich für die Durchfahrt von Kutschen zwischen herrschaftlichen Adelspalästen aus dem 17. Jahrhundert gedacht, heute ist er die Flaniermeile von Aix mit etlichen Straßencafés, Boutiquen, Restaurants und einem Blättergewölbe mächtiger Platanen.

Überall an den Laternen flattern bunte Wimpel mit der Aufschrift "Cézanne 2006" und in das Trottoir sind Metall-Blanketten mit einem geprägten "C" eingelassen. Diese rund 3.500 Schilder weisen den Weg zu Cézanne-spezifischen Plätzen in der Stadt.

Der Hutmacher
In der Rue L’Opera wurde Cézanne geboren. Sie mündet beim Café Terminus, der ehemaligen Endstation der Straßenbahnlinie Aix-Marseille, in den Cour Mirabeau. Nicht weit davon ist das Café Clément, ein Stammlokal Cézannes.

Schräg vis à vis, am Cour Mirabeau 55, sieht man noch eine schon recht verwischte Schrift auf dem leicht renovierungsbedürftigen Palais: "Chappellerie du Cours Mirabeau", die ehemalige Werkstatt des Vaters. Er war Hutmacher und avancierte später zum reichen Bankier.

Im Mazarin-Viertel, einem schachbrettartig angelegten Quartier, wähnt man sich nach ein paar Schritten auf dem Land. Die Gassen sind so schmal, dass gerade ein Auto durchfahren kann. Hinter hohen Mauern verbergen sich grandiose Innenhöfe und alte Baumkronen. Es ist ruhig, man hört die Schwalben durch die Luft zischen und nur selten ein Auto auf dem rumpelnden Kopfsteinpflaster.

Hier befindet sich das Collège Mignet, jene Schule, in der sich Paul Cézanne und der spätere Schriftsteller Emile Zola kennen lernten. Die Freundschaft zwischen Zola und Cezanne währte bis ins Jahr 1886. Zola ermutigte Cézanne, nach Paris zu gehen, lieh ihm immer wieder Geld und war ein großer Bewunderer seines Werkes. Als er jedoch 1886 den Roman eines gescheiterten Malers schrieb, brach Cézanne den Kontakt ab.

Weiter zur Kathedrale
Die bronze-schimmernden Metall-Plaketten mit einem C weisen - vorbei an einigen Wohnsitzen der Familie Cézanne - den Weg zur Kathedrale Saint Saveur, die neben einem romanischen und gotischen auch noch ein Barockkirchenschiff aufzuweisen hat. Hier ging Cézanne zuweilen zur Messe, nicht ohne sich die Taschen mit Kleingeld zu füllen, um für den Ansturm der Bettler gerüstet zu sein. Bettler warten auch heute noch vor dem Portal auf Almosen.

Gegenüber der Kathedrale Saint Saveur befindet sich die juristische Fakultät. Hier studierte Cézanne auf Wunsch des strengen Vaters einige Semester Jus. Cézannes Vater war ein Despot. Er unterstützte den Sohn zwar finanziell, aber akzeptierte dessen Leben als Künstler nur widerwillig.

Atelier am Fuße des Lauves
In der Rue Boulegon 23 befand sich Cézannes letzter Wohnsitz. Im Landsitz des Vaters "Jas de Bouffan", außerhalb von Aix, hatte Cézanne viele Jahre ein Atelier und wohnte dort auch immer, wenn er von Paris in die Provence kam. Dieses Landhaus musste aber nach dem Tod des Vaters von der Familie verkauft werden, da sich Cézannes Schwager in Geldnöten befand. So musste er sich nach einem neuen Atelier umschauen. Dieses fand er im Norden der Stadt, am Fuße des Hügels Lauves.

Das sei ein ganz besonderer Platz, erzählt die stellvertretende Kuratorin des Ateliers "Paul Cézanne", Catherine Kazan: "Diesen Ort wählte Cézanne für seine letzen Lebensjahre. Er kannte dieses Gelände, den Hügel schon von früher, als er hierher zum Malen gekommen war. Hier konnte er beim Malen möglichst ungestört sein." Cézanne vertrug keinen Staub und keinen Lärm. Er benötigte eine naturnahe Ausgangsbasis, da er selten in geschlossenen Räumen malte. Am liebsten ging er hinaus auf das Feld. Und da war ihm dieses Grundstück im Norden der Stadt gerade recht."

Ich ziehe jeden Tag in die Landschaft, die Motive sind schön und ich verbringe so meine Tage in angenehmerer Weise als irgendwo sonst.

Am 23. Oktober 1906 starb Paul Cézanne - wie er es sich gewünscht hatte, beim Malen. 100 Jahre nach seinem Tod wird dem lange in Aix en Provence unverstandenen Künstler durch Vorträge, Lesungen und eine Großausstellung im Musée Granet endlich die Ehre zuteil, die ihm seine Heimatstadt längst schon schuldig war. Und das nicht nur, weil sich der Künstler zu einem Wirtschaftsmotor für die Stadt entwickelt hat. Eine späte Rehabilitation eines Mannes, der versuchte, kompromisslos seinen Weg zu gehen.

Der Himmel, die grenzenlosen Dinge der Natur, ziehen mich besonders an und geben mir Gelegenheit, mit Freude zu schauen.

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Ambiente, Sonntag, 18. Juni 2006, 10:06 Uhr

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Cézanne.com