Sprach der Rabe: "Nimmermehr!"

8. April 2017, 21:58

Christopher Lee rezitiert Edgar Allan Poe

30 Jahre ist es her, dass die Gruppe Alan Parsons Project ein symphonisches Rockalbum mit Texten von und über Edgar Allan Poe vorlegte. Dieses Album mit dem Titel "Tales of Mystery and Imagination" ist mittlerweile ein Klassiker, der experimentierfreudige Vertreter der populären Musik immer wieder zur Beschäftigung mit dem Oeuvre des amerikanischen Vertreters der Romantik inspiriert. Das jüngste Beispiel dafür bilden zwei CDs, die kürzlich als Lübbe-Audio unter dem Titel "Visionen" erschienen sind.

Untermalte Lesungen

Die erste der beiden Silberscheiben bietet mit meist wuchtigen Klanggebäuden untermalte Lesungen Poe'scher Gedichte, vorgetragen von Schauspielgrößen wie Iris Berben, Gudrun Landgrebe, Jan-Josef Liefers oder Kai Wiesinger. Die zweite beweist, wie gut sich Lyrik aus der Feder des vorwiegend düsteren Dichters für die Verarbeitung in konventioneller und avantgardistischer Popmusik eignet.

Poes wohl berühmtestes Gedicht ist "The Raven" - "Der Rabe". Auf dem Album "Visionen" finden sich gleich drei Versionen, die einen Quervergleich ermöglichen. Neben der von den Jungen Tenören gecoverten Alan-Parsons-Nummer von 1976 brilliert Ulrich Pleitgen mit der deutschen Fassung, Gruselspezialist Christopher Lee mit dem englischen Originaltext Poes. Für den schaurigen Musikteppich sorgt das Berliner Filmorchester.

Best of Bösewicht

Christopher Lee, kürzlich 84 geworden, ist ungebrochen aktiv. Vom Grafen Dracula bis zum Zauberer Saruman im "Herrn der Ringe" hat er sämtliche nennenswerten Bösewichter und Gruselexistenzen verkörpert. Wie gut er Deutsch zu sprechen vermag, zeigt seine Lesung von Poes Gedicht "Ein Traum in einem Traum".

Auch als Sänger mit wohl ausgebildetem Bariton ist Christopher Lee auf dem Album "Visionen" präsent.

Experimental-Pop

CD 2 enthält fast durchwegs neue, eigens für das Projekt komponierte Popsongs. Da wartet z.B. Experimentator FM Einheit, einst Schlagzeuger der Band Einstürzende Neubauten, mit seiner Vertonung von Poes morbidem Gedicht "Der Eroberer Wurm" auf. Wesentlich weniger experimentell ist der österreichische Beitrag zu diesem Album: die Gruppe "L'Ame Imortelle" mit "Dein Herz". Auch Alexander Veljanov, Secret Discovery und Subway To Sally betätigen sich als Poe-Poesie-Popper.