Ein Streifzug durch ein mulitkulturelles Stadtviertel

Das Londoner East End

Geografisch erstreckt sich das East End von Tower Bridge entlang des Themse-Ufers bis hin zum River Lea. Heute ragen dort, wo ehemals der größte Hafen Europas lag, die Bürotürme von Canary Wharf in die Höhe.

Die an die Bürotürme von Canary Wharf angrenzenden Arbeiter- und Einwanderervierteln zählen nach wie vor zu den ärmsten Gegenden Westeuropas.

Vor der East London Mosque in Whitechapel, eine der größten Moscheen Großbritanniens, herrscht reges Treiben. Der Muezzin ruft per Lautsprecher zum Freitagsgebet, Hunderte Menschen strömen in das islamische Gebetshaus, das bereits 1910 gegründet wurde. Vor zwei Jahren wurde expandiert und ein neues Muslim Center eröffnet, geboten werden Veranstaltungen, Kurse, eine Bibliothek oder Services, wie ein Fitnesscenter oder ein Kindergarten.

In der Fieldgate Street, zwischen der East London Mosque und dem neuen, sechsstöckigen Muslim Center, das Platz für zehntausend Besucher bietet, befindet sich ein weiteres Gebetshaus, das bereits 1899 gebaut wurde. Es ist eine der ältesten Synagogen im East End und ein Relikt aus einer Zeit, in der die Gegend um Whitechapel, Spitalfields und Bricklane mehrheitlich jüdisch besiedelt war.

"Hier zwischen Bangla-Supermarkt, Gallerien und Designerläden werden sie das Flair des alten East End vergeblich suchen“, meint Iain Sinclair, einer der wohl bekanntesten Autoren über die Londoner Stadtkultur. Für seine Erkundungen begibt er sich gerne an die Ränder der Metropole. So spazierte er für sein Buch "London Orbital. A Walk around the M25" rund um die Londoner Ringautobahn.

Prostitution, Alkohol und Kriminalität prägten das düstere Image dieses Viertels über Jahrhunderte, dann kamen die jüdischen Einwanderer mit ihren Synagogen, Schneidereien und Handwerksstätten, später dann die Bangladeshis, die mit ihren Geschäften und Curry-Häusern bis heute das Straßenbild dominieren.

Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot sind die größten politischen Herausforderungen für die extrem dicht besiedelte Gegend, die - wie in einem Sandwich eingeklemmt - zwischen dem Finanzzentrum, der City of London und dem neuen Business-Paradies von Canary Wharf liegt.

Die modernen Glasbauten rücken immer weiter ins East End vor, die darin arbeitenden Leute bevölkern die Straßen des attraktiven historischen Viertels. Die Baupläne weiter östlich, an den Ausläufern des Londoner East End, werden derzeit als das größte Stadtentwicklungsprojekt Europas propagiert.

Durch die Nähe zum Hafen war das East End immer schon ein Einwanderungsgebiet. Und kulturelle Vielfalt prägt bis heute den Lifestyle dieses Stadtteils, wo kein Stein lange am anderen bleibt.

Wo jahrhundertelang Schiffe anlegten und Waren aller Art brachten, landen heute Businessleute und Touristen aus anderen europäischen Städten. Der City Airport liegt direkt neben der Themse, mitten in der Stadt, nur zehn Kilometer von der City of London, dem Finanzzentrum der Metropole und etwa fünf Kilometer von Canary Wharf, dem neuen Businesszentrum mit seinem 50-stöckigen und 240 Meter hohen Turm, dem höchsten Gebäude Großbritanniens.

Heute arbeiten in Canary Wharf mehr als 80.000 Menschen. Dass vor dem Zweiten Weltkrieg in den Docks mehr als 30.000 Hafenarbeiter und insgesamt über 100.000 Menschen beschäftigt waren, davon zeugen nur mehr einzelne Überreste der alten Warehouses.

Ö1 Club-Mitglieder können die Sendereihe "Radiokolleg" vom Montag, 22. Mai, bis Mittwoch, 24. Mai 2005, 9:05 Uhr zum Thema Londoner East End gesammelt jeweils am Mittwoch nach Ende der Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.