Kolumne von Sirikit M. Amann
Hey teacher leave us kids alone?
Als ich vor Jahren das erste Mal mit E-Learning konfrontiert wurde, konnte ich mir wenig darunter vorstellen. Waren Pink Floyd mit ihrem Schlachtruf "Hey teacher leave us kids alone" mehr als nur Popvisionäre und E-Learning die logische Fortsetzung?
8. April 2017, 21:58
Als ich vor einigen Jahren das erste Mal mit E-Learning konfrontiert wurde, konnte ich mir relativ wenig darunter vorstellen. Was heißt das, dachte ich mir - Lernen ohne physisch anwesendem Lehrer, nur am Computer? Oder wird das alte Postulat des digitalen Zeitalters "Kein Papier mehr!" Realität und Bücher sind nur mehr in virtueller Form vorhanden? Mitnichten.
Je mehr ich mich mit E-Learning im Schulalltag und seinen Ausformungen beschäftigte, umso mehr kann man diese Unterrichtsform nicht losgelöst von anderen Entwicklungen in der Schule sehen. Sicher, es gibt die verschiedenen Ansätze von E-Learning von Notebookklassen bis zur Light-Version mit einem Computer pro Klasse. Die Intensität des Einsatzes richtet sich daher auch nach den Möglichkeiten und macht ein Umdenken von Unterrichtsabläufen notwendig.
Stellen Sie sich eine Klasse in einer herkömmlichen Schule vor: Vorne die Tafel, dann das Lehrerpult und die Tische und Sessel der Schüler und Schülerinnen und bestenfalls drei Computer im Klassenzimmer. Diese Klasse wird jetzt mit einem Lehrer-Laptop und einen Beamer ausgestattet und die Lehrpersonen gebeten Unterricht mit den Tools zu machen. Aber wie wird dieser Unterricht ausschauen? Wie werden diese Tools eingesetzt? Was verändern sie?
Ich habe bei meinen Schulbesuchen in den Bundesländern die unterschiedlichsten Ansätze erlebt. In manchen Schulstunden hatte ich das Gefühl, dass bereits erprobte Unterrichtsmethoden wie der Stationenbetrieb (Schüler wechseln in der Klasse von inhaltlicher Station zu Station, darunter auch an die Computer) nahezu eine perfekte Symbiose mit E-Learning eingingen.
Auch das Feedback der Schüler gab diesem Eindruck recht: mehrheitlich wurde dieser Unterricht als motivierend empfunden, da es dem Ansatz von einem ganzheitlichen Lernen entspricht, abwechslungsreich, lernvertiefend und spannend. Interessant war auch, dass die Schüler obwohl sie sich mehr und verstärkten Einsatz von E-Learning Sequenzen im Unterricht wünschten, trotzdem nicht auf ihre Schulbücher verzichten wollen, da das eine das andere nicht ausschließt sondern ergänzt.
Besonders angetan waren die Schüler und Schülerinnen von der Möglichkeit über Plattformen wie Moodle, Blackboard u.a. auch von außerhalb der Schule an den Unterrichtsinhalten teilzuhaben, da viele Lehrpersonen ihre Materialien auf E-Learning Plattformen zugänglich machen. Ein weiterer Vorteil davon ist, dass zeitunabhängiges und ortsunabhängiges Lernen damit ermöglicht wird, vor allem ein Vorteil für junge Menschen, die längere Rekonvaleszenz Zeiten haben oder auf Grund ihrer sportlichen Begabungen öfters in der Schule fehlen. So kann Unterrichtsstoff, Hausübungen und Zwischenprüfungen nachgeholt oder online abgewickelt werden.
Aber ich sah auch Tendenzen in Richtung Frontalunterricht, der offenbar durch den (ungeübten) Einsatz von neuen Technologien wieder forciert wird. Mein Eindruck war da jedoch, dass es öfters an fehlenden Ideen zur Nutzung der Technik haperte, oder der Umgang mit den Tools noch nicht erprobt wurde.
E-Learning ist noch ein Zauberwort um im schulischen Alltag Türen zu öffnen - für mehr Schülerzulauf, für mehr finanzielle Zuwendungen, für Personalentwicklung (Fortbildungen). Aber es braucht neben all den Rahmenbedingungen auch Konzepte, wie Unterricht umgesetzt werden soll.
Selbst wenn die heranwachsende Jugend die Technik oftmals schneller beherrschen als die Unterrichtenden, kann ich nur raten: Hey teacher don't leave your kids alone.... - Inhalte und deren Vermittlung sind auch in einer Computer basierenden Lernumgebung das zentrale Element.
Dr. Sirikit M. Amann ist Bereichsleiterin für Kulturvermittlung in KulturKontakt Austria. Sie ist seit 1998 Juryvorsitzende bei u19 Prix Ars Electronica. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren in nationalen und internationalen Projekten mit dem (kreativen) Einsatz von Neuen Medien im Unterrichtszusammenhang.
Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 28. Mai 2006, 22:30 Uhr
Download-Tipp
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Links
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