Wie mit Stammtischparolen umgehen?

Training gegen Leitsprüche

"Ausländer sollen sich anpassen, wenn sie hierher kommen". Wie verhält man sich, wenn ein Freund eine derartige Stammtischparole äußert? Ein Seminar vermittelt psychologische Hintergründe, Analysemethoden und Strategien zum Umgang mit solchen Parolen.

Böse Pauschalierungen

Das Seminar "Argumentationstraining gegen Stammtischparolen", veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung in Kooperation mit ZARA und der Initiative Minderheiten, vermittelt eine Trainingsmethode, die der deutsche Politologe und Erwachsenenbildner Klaus-Peter Hufer entwickelt hat. Die Trainer Dr. Marion Wisinger und Dr. Hakan Gürses erarbeiten im zweitägigen Intensivseminar gemeinsam mit den 22 Teilnehmern die Thematik in Form von Rollenspielen, Gruppenarbeiten, Vorträgen, kurzen Theorieinputs und Diskussionen.

Automatischer Gleichklang

Die Bezeichnung "Stammtischparole" deutet bereits an, dass derartige Aussagen meist in geselliger Atmosphäre gemacht werden. Es wird angenommen, dass Gleichgesinnte am Stammtisch sitzen, und man lacht über die Sprüche und ist damit einverstanden.

"Was aber eigentlich passieren sollte", bemängelt Dr. Marion Wisinger, "ist, das zu hinterfragen, und zu sagen: Ich bin zwar Teil dieses gesellschaftlichen Stammtischs, aber ich habe eine andere Meinung. Und dadurch positioniert man sich natürlich außerhalb der Gruppe, und das ist schwierig."

Kontern, statt schweigen

Die Teilnehmenden, großteils selbst ausgebildete Erwachsenenbildner oder Trainer, sind aus persönlichen wie beruflichen Gründen in das Seminar gekommen. Sie möchten methodisches Werkzeug in die Hand bekommen, Hintergründe für die Äußerung dieser Aussprüche kennen lernen und verstehen. Sie haben keine Lust mehr, in Stammtisch-Situationen zu schweigen oder mitzulachen, sondern möchten selbst aktiv werden und dagegen kontern. Einige von ihnen haben bereits fixe Termine für ihr eigenes Argumentationstrainings-Seminar.

"Der Ansatz der Politischen Bildung ist, hier zu arbeiten aber nicht mit dem moralischen Zeigefinger zu sagen: das darf man sagen und das nicht. Sondern wir schauen dahinter, warum entstehen diese Stammtischparolen, wie kann man ihnen so gut begegnen, dass man nach der Situation, in der die Parolen geäußert wurden, das Gefühl hat, etwas getan zu haben - nicht nur für einen selbst, sondern auch für diejenigen die davon betroffen sind", erläutert Dr. Marion Wisinger.

Eine wichtige Rolle in der Diskussion um Stammtischparolen spielt auch die politische Komponente, da "es auch um gesellschaftliche Strukturen, politische Strukturen, um Institutionen und vor allem um eine offizielle Politik geht, die einen sehr großen Anteil an diesen ganzen rassistischen, homophoben und sexistischen Diskursen haben können", so Dr. Hakan Gürses.

Seltene Gegenwehr?

Stammtischparolen wird in unserer Gesellschaft zu wenig entgegengesetzt, sind die Trainer einer Meinung. "Man braucht sich nur Fernsehdiskussionen anschauen: wie schnell mit Bildern gearbeitet wird, mit abwertenden Äußerungen. Und wer Sonntagabend die Diskussionsveranstaltungen im ORF sieht, wird merken, wie gesellschaftsfähig das geworden ist, wie Politiker sich an einen Tisch setzen können und dort eigentlich Stammtischparolen sagen und denen gar nicht in besonderer Weise entgegnet wird", macht Dr. Marion Wisinger klar.

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Hör-Tipp
Moment, Montag, 15. Mai 2006, 17:09 Uhr

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Links
Hakan Gürses
Politische Bildung in Österreich
ZARA