Im Anfang war das Wort
Wihrr Sinnds, Whirr Whirr
Der Poet Christian Uetz hat gemeinsam mit dem Licht-Künstler Benny von Moos ein modernes Mysterienspiel für das Oster-Festival in Luzern 2002 gewagt. Die musikalische Unterstützung kam vom Trio Koch-Schütz-Studer. Ausschnitte im Zeit-Ton.
8. April 2017, 21:58
Ausschnitt aus "Messias"
Nicht nur das Wort war am Anfang sondern die Wort-Kaskaden des Christian Uetz, der im Herbst des Jahre 2000 erstmals seine Stimme in Begleitung des Trios Koch-Schütz-Studer erhoben hat. Damals, im Zürcher "Schiffbau" wirbelte Christian Uetz über die Bühne, während im Hintergrund Hans Koch seine Saxophone und die Bassklarinette, Martin Schütz das Violoncello und Fredy Studer das Schlagzeug spielten.
"Ich spinn glücklich" rief Uetz in den Saal und Koch, Schütz und Studer übersetzten seine Worte in Töne, gaben ihnen klanglich neue Bedeutung, oszillierten die Klangvorstellungen zum jeweiligen literarischen Bild, decollagierten sie und setzten sie transformiert neu zusammen.
Und das Wort wurde gejandelt
In Christian Uetz haben die drei Musiker Koch, Schütz und Studer einen "agent provocateur" gefunden. Der Sprachfantast häutet die Worte, enthauptet ihre Bedeutung, wankt auf dem Grat der Lautmalerei, von dem er abstürzend Wehklag schreit.
Der Schweizer Dichter, der in Berlin lebt, schafft seine Prosa aus dem Sprechen. Deshalb war es fast selbstverständlich, diese Beziehung mit Koch-Schütz-Studer aufzunehmen. Mit den Versuchen "Jazz & Lyrik" zu verbinden, wie es Joachim-Ernst Behrendt anstrebte, hat das nichts gemein.
Der 1963 in Egnach in Thurgau geborene Christian Uetz ist ein Wort-Künstler, der biblische Bilder und Metaphern wie von Celan und Hölderlin scheinbar improvisiert und dabei einen seiner Meister zitiert, wenn er sagt: "Und das Wort wurde unter uns gejandelt".
Christian Uetz formulierte: "Mit dem Wort stehen die Menschen am Anfang der Welterkenntnis und sie bleiben stehen, wenn sie beim Wort bleiben. Wer weiter schreiten will, muss sich vom Wort befreien und vom Wortaberglauben, der muss seine Welt von der Tyrannei der Sprache zu erlösen versuchen." - Christian Uetz versucht dies, indem er eine Suada, ausgehend von jedem Wort, das für sich Bedeutung hat, ergießt.
Hardcore Chamber Music
Das Trio Koch-Schütz-Studer brachte sein erstes Album im Jahre 1995 unter der Brand Mark "Hardcore Chamber Music" heraus. Dann folgten Aufnahmen mit dem ägyptischen Ensemble "Nil Troop" und mit kubanischen Musikern (das Album "Fidel") und mit New Yorker DJs ("Roots and Wires").
Aber die drei Musiker haben ihren ganz eigenen Stil der Improvisation bewahrt. Der Saxofonist Hans Koch und der Cellist Martin Schütz haben ihr Klangspektrum zwar durch elektronische Hilfsmittel erweitert, ohne dass man dabei eine Veränderung der spezifischen Merkmale des Trios feststellen kann. So wie Christian Uetz mit Worten, die sich um Worte drehen, umgeht, entsteht auch die Musik des Trios. Musikalische Formen werden angespielt, zerlegt und neu zusammengefügt. In ständiger Diskurs über die Sinnhaltigkeit in der Musik unserer Zeit.
Wortoasen im Lichtspiel
Das Osterfestival in Luzern beauftragte Christian Uetz, für die Jesuitenkirche ein spezielles Event zu schaffen. Mit dem musikalischen Trio Koch-Schütz-Studer, mit dem er seit dem Jahre 2000 zusammengearbeitet hat, entstand die Idee zu einem "Mysterienspiel".
Der Luzerner Künstler Beny von Moos wurde zum Gestalter einer einzigartigen Lichtperformance zu dem Konzertereignis. Er war 1972 bis 1974 Schüler von Günther Schneider-Siemssen am Salzburger Mozarteum. Für das Mysterienspiel in der Jesuitenkirche in Luzern 2002 verwandelte er diese mit Licht in unterschiedlichste Räume. Einmal vergittere er gewissermaßen den Hauptaltar, tauchte das Kirchenschiff in tiefes Blau oder strahlendes Rot, um zuletzt mit weißem Licht zu blenden.
Hör-Tipp
Zeit-Ton, Freitag, 14. April 2006, 23:05 Uhr
CD-Tipp
Lucerne Festival, "Mystereienspiel live in der Jesuitenkirche, Koch_Schütz_Studer & Christian Uetz & Beny von Moos", Hardcore Chamber Music LC3370
Link
Koch Schütz Studer