Über die Lust etwas bewegen zu wollen - Teil 3
Motivation und Kontext
Durch die Globalisierung arbeiten immer mehr Menschen in einem anderen kulturellen Feld und beobachten, dass grundlegende Umgangsformen in einem anderen kulturellen Kontext nicht verstanden werden.
8. April 2017, 21:58
Im Zuge der Globalisierung arbeiten immer mehr Menschen in einem anderen kulturellen Feld. Und sie beobachten, dass grundlegende Umgangsformen, die zu Hause selbstverständlich sind, in einem anderen kulturellen Kontext nicht verstanden werden - oder Missverständnisse hervorrufen. Für die Motivationspsychologie bedeute dies, ihre Parameter neu zu definieren, sagt Alexandra Freund vom Institut für Psychologie der Universität Zürich. Denn
In den Lehrbüchern für Psychologen haben Definitionen wie die der Motivation noch immer den Anspruch, universell zu sein.
"Ernsthaft vertreten kann das heute niemand mehr", sagt Alexandra Freund vom Institut für Psychologie der Universität Zürich, "Denn es ist offensichtlich, dass sich die Kulturen unterscheiden. Es gibt Gesellschaften, in denen das Individuum im Vordergrund steht und individuelles Handeln gefördert wird. Es gibt aber auch Kulturen, in denen der soziale Verbund und das Handeln in der Gruppe ganz zentral sind. Beides betrifft die Motivation."
Handeln in der Gruppe
Die Japanische Gesellschaft, zum Beispiel, ist an der Gruppe orientiert. Das japanische Kollektiv geht davon aus, dass sich jeder selbst motiviert. Für die Gruppe ist jeder bereit, einen Schritt zurück zu treten. Die Gruppe wiederum kümmert sich um alles. Sie übernimmt die Verantwortung für den einzelnen.
Die Gruppe fängt Fehler auf, sie verhindert aber auch Alleingänge. Angestrebt werden konsensuale Lösungen. Meetings von sieben bis acht Stunden sind darum in Japan die Regel, meint Parissa Haghirian. Sie ist Assistenzprofessorin für internationales Management an der Kyushu Sangyo University und arbeitet bereits seit neun Jahren in Japan. Doch auch innerhalb der Gruppe gibt es Hierarchien. Und hier setzt sich der Stärkste durch.
"Wer die Macht hat, entscheidet letztlich. Doch gibt es dann wenig Gegenargumente. Denn der Entscheidungsprozess läuft bereits seit Monaten", sagt Parissa Haghirian, "Wenn ich zum Beispiel eine gute Idee hätte, dann muss ich während vieler Wochen vorbauen, bis die Idee reif ist, um in der Gruppe besprochen zu werden. Wenn in Japan eine Entscheidung gefällt wird, dann geht die Umsetzung des Projektes aber sehr rasch. Denn alle Gegenargumente sind längst ausdiskutiert."
Respektvoller Umgang als die Basis für gute Teamarbeit
In Europa oder den Vereinigten Staaten wird die Individualität des Einzelnen gefördert. Trotzdem arbeiten die meisten Menschen in Teams. Und es ist die Aufgabe der Führungskräfte, die individuellen Interessen der Mitarbeiter in das Gruppenziel zu integrieren, meint der Unternehmensberater Reinhard K. Sprenger.
Entscheidend ist hier die Beziehungsebene zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Fühlt sich ein Mitarbeiter nicht respektvoll behandelt, wird er mit Widerständen reagieren.
"Ich glaube, eine Führungskraft ist gut beraten, wenn sie ein warmes soziales Klima schafft, in dem sich die Menschen sich aufgehoben fühlen", sagt Sprenger, "Entscheidend ist, dass eine Führungskraft den Mitarbeitern vertraut und signalisiert: So wie du bist, bist du in Ordnung."
Hör-Tipp
Radiokolleg, Dienstag, 18. April bis Donnerstag, 20. April 2006, 9:30 Uhr
Download-Tipp
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