Auf der Suche nach Störungszonen und Wasseradern

Der Brennerbasistunnel

Der geplante Brennerbasistunnel ist nicht nur eine große Herausforderung für Tunnelbauingenieure, sondern auch für Geologen. Sie sollen die Frage beantworten, welche Gesteinsstrukturen in 2.000 Metern Tiefe angetroffen werden.

Geologen sollen die Fragen beantworten, welche Gesteinsstrukturen in 2.000 Metern Tiefe beim Vortrieb des Tunnels angetroffen werden, wo man mit Störungszonen, mit zerrüttetem Gestein und Wassereinbrüchen rechnen muss.

Die Forschungsgruppe, die diese Fragen zu beantworten hat, setzt sich aus Wissenschaftlern des Instituts für Geologie und Paläonthologie der Universität Innsbruck, der geologischen Bundesanstalt in Wien und des Centro Ferrara Ricerche mit den Universitäten von Padua und Mailand zusammen.

Nie zuvor wurde die Geologie der Alpen wissenschaftlich so intensiv und extensiv erforscht. Nie zuvor standen den Wissenschaftlern solche Finanzmittel zur Verfügung und selten zuvor war das öffentliche Interesse dieser wissenschaftlichen Disziplin gegenüber so groß.

Auf der Suche nach der optimalen Trassenführung

Professor Rainer Brandner ist Vorstand des Instituts für Geologie und Paläontologie der Universität Innsbruck, und gleichzeitig Projektleiter für die geologische Kartierung und Strukturtektonik des Brennerbasistunnels. Er und sein Team haben bereits in den Jahren 2000 bis 2002 entlang der Brennerachse geologische, lithologische und hydrologische Untersuchungen durchgeführt.

Dabei wurden in dieser ersten Phase geologische und tektonische Karten mit einer Gesamtfläche von 540 Quadratkilometern erstellt. Bei den neun Erkundungsbohrungen entlang der Brennerachse wurden knapp 4.000 Bohrmeter an Gesteinsmaterial an die Oberfläche getrieben und analysiert.

Ziel der Wissenschaftler war es, die Trassenführung des Tunnels exakt fest zu legen. Gleichzeitig bildeten diese ersten Untersuchungen die Grundlage für die Schätzung der Baukosten, der Bauzeit und der Risiken beim Bau selbst.

Die größte Störungszone

Die bedeutendste Störungszone im gesamten Alpenbogen befindet sich südlich des Brennerpasses. Die so genannte Periadriatische Naht weist eine Länge von 700 Kilometern auf. Sie ist durch große Längstäler morphologisch gekennzeichnet und trennt die Südalpen von den Ostalpen.

Diese klare architektonische Trennlinie beginnt im Osten in den Karawanken, verläuft nach Westen durch das Gailtal und Pustertal, biegt nördlich der Sarntaler Alpen nach Süden Richtung Meran um und behält diese Richtung - parallel zum Etschtal - bei. Obwohl an solchen Störungszonen vermehrt Erdbeben auftreten, gibt es laut Professor Brandner in dem Abschnitt, in dem der Brennerbasistunnel gebaut wird, keine Gefahr seismischer Aktivität.

Wasseradern

Der Brennerbasistunnel wird diese Störungszone östlich von Mauls in Südtirol durchtrennen. Geologe Stefano Ceriani hat im vergangenen Sommer im Auftrag der Brennerbasistunnel Gesellschaft Probebohrungen in Ritzail oberhalb von Mauls durchgeführt.

Dabei sind die Geologen bereits in einer Tiefe von 350 Metern auf eine Wasserader gestoßen. Das Wasser schoss mit einer Minutenschüttung von 600 Litern und einer Temperatur von 20 Grad Celsius aus dem Bohrloch. Grund dafür ist die Zusammensetzung des Gesteins im Untergrund. Inzwischen konnten die Geologen den Durchmesser der Störungszone genau bestimmen. Laut Professor Stefano Ceriani beträgt der Durchmesser dieser Störungszone circa einen Kilometer.

All diese hydrologischen, geologischen und tektonischen Voruntersuchungen dienten dazu, Gebirgsmodelle auf Trassenniveau zu erstellen, um die Erkundungsstrategie zu optimieren.

Inbetriebnahme 2015

Der Brennerbasistunnel wird den Berg Isel im Süden von Innsbruck, in unmittelbarer Nähe der bestehenden Eisenbahntrasse durchtrennen und in die bereits gebaute Zulaufstrecke einmünden. Anschließend wird der Tunnel östlich des Wipptales verlaufen, den Brenner Richtung Süden überwinden, den Fluss Eisack unterlaufen und auf der Höhe des Zugbahnhofs nördlich von Franzensfeste enden.

Die Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels mit seinen 55 Kilometern Länge soll im Jahre 2015 erfolgen. Dann wird die effektive Fahrzeit zwischen Innsbruck und Bozen nur mehr 45 Minuten betragen. Derzeit muss ein Reisender für diese Strecke zweieinhalb Stunden Fahrzeit einplanen.

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 28. März 2006, 19:05 Uhr

Download-Tipp
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Link
Österreichische Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft - Brennerbasistunnel (PDF)