Ein reisender Abenteurer
"Lorenzo da Ponte" in Wien
Ohne ihn wäre Mozart wohl nie so erfolgreich im Genre der italienischen Oper gewesen: Lorenzo da Ponte. Dem großen Librettisten, der eine der schillerndsten Persönlichkeiten seiner Zeit war, widmet das Jüdische Museum Wien nun eine Ausstellung.
8. April 2017, 21:58
Interview mit Werner Hanak, Ko-Kurator der Ausstellung
Während Wolfgang Amadeus Mozart heuer ausgiebig gefeiert wird, droht sein Librettist Lorenzo da Ponte ein wenig im Schatten des Komponistengenies zu bleiben. Dabei ist auch dessen Lebenswerk, seine unglaubliche Lebensgeschichte und das kulturelle Erbe, das er in Europa genau so wie in Amerika hinterlassen hat, berichtenswert.
Starlibrettist seiner Zeit
Würde Lorenzo da Ponte heute im 21. Jahrhundert leben, wäre er zweifellos ein Star. Von der Presse ob seiner Skandale begehrter als so mancher Filmschauspieler, von den Theatern umlagert, weil er es vermochte, auch schwache Partituren zu publikumswirksamen Opern zu texten. Derer gab es damals genau so viele wie heute. Und so war Mozart daran interessiert, den Vielbeschäftigten binnen kürzester Zeit für sich zu gewinnen.
Wie beschäftigt Lorenzo da Ponte war, zeigt die Tatsache, dass er gleichzeitig mit dem "Don Giovanni" den Text für zwei weitere Opern schrieb. Die Komponisten waren immerhin Salieri und Martin y Soler. Lorenzo da Ponte war eben bei weitem nicht nur der Librettist Mozarts: Er schrieb für alle damals tätigen Komponisten. Während die meisten davon in der Versenkung verschwanden, zeigt sich an "Don Giovanni", "Figaro" und "Cosi fan tutte" doch die unglaubliche Symbiose Mozart/da Ponte.
Venezianisches Ghetto
Lorenzo da Ponte kam aus armseligen Verhältnissen. Der Vater war Lederhändler im Ghetto von Vittorio Veneto. Er war es auch, der in zweiter Ehe eine Katholikin heiratete und die Taufe seiner Kinder initiierte, wodurch es Lorenzo - der damals noch Emanuele hieß - wiederum schaffte, sich eine umfassende Bildung anzueignen.
Geprägt vom geistigen und sozialen Klima der Serenissima Venedig und vom aufstrebenden Bildungsbürgertum, war ihm nicht nur der Aufstieg bis in die höchsten Kreise Wiens gelungen, sondern auch der in die Höhen der anerkanntesten Librettisten und das wollte zur damaligen Zeit etwas heißen - zumal er sich seinen Aufstieg nicht immer leicht gemacht hat.
Provokateur
Da Ponte kannte die Großen seiner Zeit, die Dichter, Komponisten, Maler, auch die Regierenden. Sein Protektor in Wien war Kaiser Josef. Und da Ponte verstand es, seine Beziehungen vor allem für seine Kunst zu nutzen. Er war es zum Beispiel, der es schaffte, den Kaiser zu überreden, ihm und Mozart doch den "Figaro" zu erlauben, den dieser zuvor Schikaneder verboten hatte. Was ihm nicht nur Freunde einbrachte, wie sich denken lässt.
Durch den Umstand, dass er als geweihter Priester geheiratet hatte, ein enger Freund Casanovas war und - zu allem Überfluss - auch noch immer wieder politische Pamphlete veröffentlichte, musste er seine Wohnsitze häufig wechseln. Deshalb wurde er zu einem der Meistreisenden seiner Zeit: Paris, London, Dresden, Triest, Bologna, Florenz, Wien.
Am Ende wanderte er mit Frau und Kindern nach Amerika aus, wo er aber auch dreimal verhaftet wurde, weil er sich erfolglos als Buchhändler versucht hatte, und auch mit dem ersten Opernhaus New Yorks zu Grunde ging. Nicht aus Gründen des Misserfolgs - nein das Theater kam gut an - aber finanzielle Angelegenheiten waren noch nie sein Ding gewesen.
Kulturvermittler
Deshalb gilt er heute als größter und vor allem erster Förderer der Oper in Amerika, und hat, darüber hinausgehend, das Interesse an der italienischen Sprache und Lebenskultur geweckt. Ende November 1825 wurde der "Barbier von Sevilla" als erste Oper in New York gegeben, im Mai 1826 "Don Giovanni". Es war da Ponte also vergönnt gewesen, den Erfolg seiner Werke erleben zu können.
Am 17. August 1838 starb Lorenzo da Ponte in seiner Wohnung. Drei Tag später wurde er mit einem imposanten Trauerzug zu Grabe getragen. Es sollte ihm ein würdiges Grabmal errichtet werden. Da aber der Plan dazu immer wieder verschoben wurde, war es rund 50 Jahre nach seinem Tod nicht mehr auffindbar. Der damalige Friedhof liegt in der Gegend der heutigen 11. Straße.
Start und Ende in New York
Die museale Reise im Jüdischen Museum beginnt und endet mit New York: Denn in jener Stadt gründete da Ponte eines der ersten italienischen Delikatessengeschäfte, einen italienischen Buchladen und vor allem - lange vor der Metropolitan Opera - das erste Opernhaus und lehrte an der Columbia University.
Die Schau des Jüdischen Museums Wien präsentiert zahlreiche einzigartige Objekte: So u. a. die Originaldenunzierung, die ihm - auf Grund seines Lebenswandels - die mala vita, die 15-jährige Verbannung aus Venedig, einbrachte. Weiters werden da Pontes Talar der Columbia University oder Abbildungen der venezianischen Synagoge gezeigt.
Mehr dazu in Ö1 Inforadio
Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Lorenzo da Ponte. Aufbruch in die Neue Welt", 22. März bis 17. September 2006, Jüdisches Museum Wien
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Links
Jüdisches Museum Wien - Lorenzo da Ponte
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