Theresia Oblasser - Bergbäuerin und Dichterin

Damit es nicht verloren geht

In ihrem Buch "Das Köpfchen voll Licht und Farben" erzählt die Bergbäuerin von ihren Kinder- und Jugendjahren - in einer Zeit, in der die "Segnungen" des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts auch in den entlegensten Gegenden Österreichs Einzug halten.

Die Bergbäuerin über ihre Schulzeit

"Wer das Weite sucht, ist nicht notwendigerweise auf der Flucht. Man kann das Weite auch aus Neugier suchen. Wenn die Lebensumstände, die Gebirgstäler, die Köpfe, die Sprache zu eng werden, beginnt die Suche nach der Weite. Die Enge kann man auf vielerlei Art verlassen..."

Das Weite suchen

So heißt auch ein bemerkenswertes Buch mit Prosatexten und Gedichten von vier Frauen aus dem Pinzgau und Pongau, unter ihnen die Bergbäuerin Theresia Oblasser, die schon als Kind Bücher und Geschichten geliebt hat.

Als ältestes von acht Geschwistern und einziges Mädchen ist sie auf einem Bergbauernhof "ganz in der Nähe" aufgewachsen. Inzwischen ist sie dreifache Mutter und Großmutter, ein Sohn ist der Jungbauer am Hof; dennoch bleibt immer noch mehr als genug zu tun, für sie und ihren Mann.

Die tüchtige Dirn

Dass sie, die Bergbäuerin, die "tüchtige Dirn", eines Tages damit beginnen sollte, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben, da und dort eigene Gedichte zu veröffentlichen, sich mit anderen Frauen in Schreibgruppen zu treffen, stieß anfangs auf Unverständnis:

"Für mich ist Schreiben eher eine Hilfe, bewusster und wacher zu leben und zu empfinden", sagt sie. Das kommt auch in ihrem Erinnerungsband "Das Köpfchen voll Licht und Farbe" zum Ausdruck, in dem sie Einblick in den Alltag auf einem Salzburger Bergbauernhof in den Kriegs- und Nachkriegsjahren gibt.

Erinnerungen an ihre Kindheit

1941 in über 1.000 Meter Höhe nahe bei Taxenbach im Salzburger Pinzgau geboren, wächst sie mitten im Krieg auf dem Hof ihrer Eltern auf, nur wenige Kilometer von jenem Bergbauernhof entfernt, auf dem sie bis heute lebt. Ihr Vater war im Krieg wegen der Alm freigestellt:

"Damals", so erinnert sie sich, "wurden Rüben und Gersten als Kaffee-Ersatz geröstet; das Brot wurde aus dem eigenen Getreide gebacken, Zucker im Schwarzhandel besorgt. Die Hühner durften im Winter ins Haus, und für die Beleuchtung sorgten Kerzen und Petroleumlicht - ein magisches Nebeneinander von Licht und Schatten, wie geschaffen für Geschichten und Legenden, die von der Mutter und der Großmutter gern erzählt wurden."

Viele Kriegsgefangene habe sie gesehen, die als Knechte bei den Bauern auf den Höfen arbeiteten; nach dem Kriegsende sah sie die heimkehrenden Soldaten über die Berge heimkommen. Einen tiefen Eindruck hinterließen auch die Bettler und Hausierer und die Handwerker, die bald von Hof zu Hof zogen.

Einfache Schulhefte als Grundlage

Seit damals hat Theresia Oblasser ihre Erlebnisse und Beobachtungen mit der Hand in einfachen Schulheften niedergeschrieben - Erinnerungen, die sie auch in ihrem biografischen Werk "Das Köfpchen voll Licht und Farben" erzählt: Von alten Hausmiteln wie dem "Goaßschmalz" oder dem "Schmerstoa" ist da zu lesen oder vom "Himmelbrot", den Ausstechresten der Hostie, die die Kinder von zwei Ordensfrauen bekamen und mit denen zu Hause "Messe" gespielt wurde.

Ebenso finden sich Geschichten von Schreckgestalten ihrer Kindheit - etwa der "Habergeiß", die ungehorsame Kinder im Buckelkorb holen würde, oder vom "Hasenberg-Ruap", einem alten verwirrten Bettler. Oblasser beschreibt aber auch den schwierigen Alltag auf einem Bergbauernhof, an dem - neben aller "Romantik" - die Realität des Arbeitens unter schwierigsten Bedingungen nie aus dem Blick gerät.

Ein großes Kapitel widmet die Bergbäuerin auch ihrer Schulzeit: "Es tat mir um jeden versäumten Schultag leid", sagt sie heute: "Im Winter war ich mit den schweren Bergschuhen unterwegs; ab Mai ging ich barfuß in die Schule. Das Gute am langen Schulweg, der an die eineinhalb Stunden und mehr dauerte, war: Es blieb viel Zeit, sich Geschichten und Märchen zu erzählen, solche, die man in der Schule gelesen hatte, und eigene, erfundene", erinnert sie sich.

Weg von der Steinzeit

Als langsam die Errungenschaften der Technik auch bei den Bergbauern Einzug hielten, begann sich der Alltag allmählich zu verändern: "Wir rückten langsam weg von der Steinzeit", schreibt Theresia Oblasser in ihren Erinnerungen. Ein Motormäher wurde gekauft, eine Heuwendmaschine.

Auch im Haushalt gab es drastische Veränderungen: der Wechsel von Kerzen und Petroleumlampen zum elektrischen Licht, ein Bügeleisen und schließlich ein Radio wurden angeschafft. Der alte Fuhrweg hinauf zum Bergbauernhof wurde in zwölfjähriger Bauzeit durch eine Straße ersetzt, die Pferdefuhrwerke von Traktoren abgelöst.

Steht man heute vor dem "Brandstätt-Hof", der - so glaubt Theresia Oblassers Mann - schon 1896 oder noch früher wahrscheinlich von Köhlern bewohnt war, hat man einen beeindruckenden Blick aufs Land ringsum. Eine steile schmale Straße führt bis zum Hof. Der Weg endet hier. Der Himmel ist nah und die Aussicht überwältigend.

Die kreative Schreibgruppe

Fragt man sie heute, ob sie nie woanders leben wollte, verneint Theresia Oblasser. Sie habe zwar immer die Weite gesucht, durchs Schreiben habe sie sie aber gefunden. Im Bildungshaus St. Virgil in Salzburg besuchte sie den Kurs "Kreatives Schreiben". Zwei Jahre lang blieb sie in diesem Kreis. Dabei lernte sie Frauen aus der Region kennen, andere Bäuerinnen, die auch schrieben, und gründete eine eigene Schreibgruppe.

1992 kam das erste gemeinsame - inzwischen vergriffene - Buch heraus: der Band "Rauchzeichen". 2001 folgte der Band "Das Weite suchen", wieder von den vier Autorinnen Isolde Ellmauer, Hemma Glittenberg, Rosa Gruber und Theresia Oblasser. Gemeinsam mit Rosa Gruber gab Oblasser auch Texte in Mundart heraus: "Wetta geh auf und kimm nit". 2006 erschien ihre eigene Lebensgeschichte auf rund 150 Seiten in Buchform.

Service

Theresia Oblasser, "Das Köpfchen voll Licht und Farben. Eine Bergbauernkindheit", Böhlau Verlag

Böhlau Verlag