Jungsteinzeitliche Siedlungsformen

Unterwasserarchäologie

Bei Pfahlbauten denken viele an Holzhäuser in Ozeanien, in Österreich wurden Pfahlbauten meist nicht am Wasser, sondern in Ufernähe gebaut. Seit 150 Jahren wird nach historischen Gütern gesucht, um die Lebensumstände früher Besiedlungen zu erforschen.

Der Keutschacher See und der Hafner See in Kärnten sind neben einigen Seen im Salzkammergut zwei der Forschungsgebiete der Unterwasserarchäologen. In der Mitte beider Badeseen erhoben sich vor 3.000 Jahren kleine Inseln, die bewohnt waren und einen natürlichen Schutz boten.

Der Seespiegel war damals weit niedriger als heute, jetzt tauchen die Unterwasserarchäologen nur wenige Meter unter der Wasseroberfläche nach Pfählen, um Grundrisse früherer Siedlungen zu vermessen, denn unter der Wasseroberfläche sind Jahrtausende alte Pfahlbauten - Überreste von jungsteinzeitlichen Siedlungen - zu finden.

Das Auffinden von Artefakten zählen die Unterwasserarchäologen nicht zu ihrer vordringlichen Aufgabe, vielmehr möchten sie das Vorhandene dokumentieren.

Die Dendrochronologie

Mit Hilfe eines Tachimeters werden vom Ufer aus Distanzen und Winkel bestimmt, Horizontal- und Vertikalwinkel der Objekte gemessen und später computergestützt ausgewertet, um eine dreidimensionale Rekonstruktion zu ermöglichen.

Bisher war die C14-Analyse die gängige Methode, um das Alter eines Fundstücks zu datieren. Der Nachteil der Methode: sie gibt nur eine Zeitspanne an. Archäologen wie Otto Cichocki, der Leiter des Dendrolabors des Interdisziplinären Forschungsinstitutes für Archäologie der Universität Wien und einer der Auftraggeber der Österreichischen Gesellschaft für Feuchtboden- und Unterwasserarchäologie "triton", wenden deshalb eine neuere Form der Datierung an - die Dendrochronologie.

Die Analyse von Altersringen

In unseren Breiten kann man das das Alter eines Baumes anhand seiner Jahresringe ermitteln, die durch klimatischen Einfluss entstehen. Hundertstel Millimeter werden auf diese Art und Weise vermessen und dann graphisch als Standardkurven dargestellt. Muster von Baumringen unterschiedlichen Alters können so verglichen und geschätzt werden.

Im Keutschacher See wurden Pfähle auf 3947 und 3871 vor Christus bestimmt. Die Forscher verweisen nicht ohne Stolz auf Fundsituationen, die dem berühmten Ötzi-Fund gleichrangig sind.

Die Dendrochronologie geht in der Naturwissenschaft weit über die Funktion eines reinen Instruments zur Alterbestimmung von Holz hinaus. So können anhand der Verknüpfung von Klimadaten mit den Jahrringchronologien Klima-Wachstums-Korrelationen hergeleitet werden, welche die Reaktion der Bäume auf Umwelteinflüsse in Einjahres-Auflösung dokumentieren.

Lebensumstände der Menschen aus der Jungsteinzeit

Von den ersten sesshaften Menschen, die Ackerbau betrieben haben, wurden und werden unterschiedliche Zeugnisse in den betauchten Seen gefunden: Keramikscherben von Gefäßen, aber auch eine Fülle von Wildtier- und Haustierknochen: es stellte sich heraus, das ein Wildtieranteil von über 30 Prozent bestand. Die Tiere wurden sehr jung geschlachtet, waren also eher Fleisch- als Milchlieferanten.

Spinnwirtel zeigen, dass es eine Textilverarbeitung gegeben hat: Geflechte sowie Schnüre für Gewand und um Fischfang zu betreiben konnten sichergestellt werden, ein hölzerner Angelhaken, der wahrscheinlich aus der Jungsteinzeit stammt, Speere und Holzbearbeitungsgeräte für den Hausbau.

Jahrhunderte lang waren die Inseln in Hafner und Keutschacher See bewohnt. Warum die Siedlungen aufgegeben wurden, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ein Grund könnte die Veränderung des Klimas und das Steigen des Seespiegels gewesen sein.

Noch ist vieles ungewiss

Heute ist die Forschung vor Allem über Projektgelder oder Zuschüsse von Gemeinden möglich.

Ein neues Projekt wurde eingereicht, um mehr über die Lebensweise und kulturellen Hintergründe der Anwohner zu beleuchten - man weiß noch nicht, ob die Siedler hier Kelten oder Slawen waren, warum sie hier gelebt und ihre Toten bestattet haben oder wo Haustiere und Felder situiert waren.

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 7. März 2006, 19:05 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Links
Österreichischen Gesellschaft für Feuchtboden- und Unterwasserarchäologie
Triton